Hotel schließt und Dorfläden bedroht
Von Bruno Rieb
Die Behindertenhilfe Wetterau ist auf Sparkurs. Sie steckt tief in den roten Zahlen. Rund 1,1 Millionen Euro müssen eingespart werden. Das soll durch die Schließung des integrativen Hotel Haus am Landgrafenteich in Bad Salzhausen und Umwandlung in ein Flüchtlingsheim geschehen und durch die Aufgabe der Dorfläden. Die Arbeitsplätze von 29 Beschäftigten der Behindertenhilfe sind dadurch bedroht.
Die Dorfläden im Limeshainer Ortsteil Himbach und in Wölfersheim sowie der Gutkauf in Büdingen sollen geschlossen werden. Derzeit laufen Verhandlungen, wie die Läden gerettet werden können, sagt BHW-Geschäftsführer Reinhold Medebach.
Der Internetauftritt der Behindertenhilfe Wetterau
Betroffen von der Schließung dieser Läden sind laut Medebach 16 Mitarbeiter der Behindertenhilfe sowie zwölf Behinderte, die in den Läden arbeiten. Betroffen wären aber auch die Bewohner der Orte, denn die Läden sind dort oft ihre einzige Einkaufsmöglichkeit. „Das Geschäft ist von zentraler Bedeutung und ein Platz, den alle kennen“, freute sich Büdingens Kernstadt-Ortsvorsteher Dieter Jentzsch, als die Behindertenhilfe im März vergangenen Jahres den Laden übernahm. „Es ist eine Erfolgsgeschichte und das Geld ist gut angelegt“, sagte Limeshains Bürgermeister Adolf Ludwig (SPD) Mitte vergangenen Jahres zum Dorfladen in Himbach. Der Erfolg dieses Ladens ließ die Gemeinde zusammen mit der BHW gleich einen zweiten in Hainchen planen. Das Gebäude ist laut Ludwig fertig. Sein weiteres Schicksal ist ungewiss.
Behindertenhilfe Wetterau auf Sparkurs
Die Läden bescheren der Behindertenhilfe laut Medebach einen jährlichen Verlust von 500000 Euro. Deshalb habe der BHW-Aufsichtsrat beschlossen, die Läden bis Ende des Jahres zu schließen. Medebach ist aber zuversichtlich, in den nächsten Wochen eine Lösung zu finden, die den Weiterbetrieb der Läden ermöglicht. Verhandelt werde mit den Gemeinden, privaten Investoren und auch dem Diakonischen Werk, das bereits einen Dorfladen im Niddaer Ortsteil Wallernhausen betreibt.
Die Behindertenhilfe muss rund 1,1 Millionen Euro einsparen. Rund 400 Mitarbeiter betreuen rund 400 körperlich und geistig Behinderte. Im Sommer war der Versuch gescheitert, die 1,1 Millionen Euro durch Gehaltsverzicht der Mitarbeiter auszugleichen. Nun habe der Betriebsrat Entlassungen verbunden mit einem Sozialplan zugestimmt, sagt Medebach.
Betroffen von den Stellenstreichungen sind auch die 13 Beschäftigten des Hauses am Landgrafenteich in Bad Salzhausen, ein integratives Hotel, das von der Behindertenhilfe betrieben wird. Das Hotel wird nun zum Flüchtlingswohnheim. 16 Asylsuchende aus dem ehemaligen Jugoslawien wohnen bereits in dem Haus, bis zu 60 können es laut Wetteraukreis werden. Das Wohnheim für Behinderte im Haus am Landgrafenteich bleibt laut Medebach erhalten. 36 Leute wohnen dort.
Der Vertrag mit dem Wetteraukreis über die Unterbringung der Flüchtlinge verringert laut Medebach das Defizit der Behindertenhilfe und könnte dazu führen, dass ein Teil der Arbeitsplätze erhalten werden kann.
Bei der Stadt Nidda stößt die Umwandlung des Hotels in ein Flüchtlingshaim auf Kritik.
Die Stadt sei erst informiert worden, nachdem der Kreis den Vertrag mit der Behindertenhilfe abgeschlossen hatte, beklagt Niddas Pressesprecher Uwe Bonarius. Bürgermeister Hans-Peter Seum (parteilos) fühle sich „vor den Kopf gestoßen“. Diese Nutzung des Hotels sei „nicht die Ideallösung für die Entwicklung Bad Salzhausen“. Dennoch wolle die Stadt ihren Verpflichtungen nachkommen, Asylsuchende zu integrieren, betont der Pressesprecher. Man werde nichts gegen deren Unterbringung dort unternehmen.
Bad Salzhausens Ortsvorsteher Thomas Bienko (parteilos) vermutet aber, es könne sich um eine Nutzungsänderung des Hotels handeln, die genehmigt werden müsse. Bad Salzhausen habe nur 600 Einwohner, da sei die zu erwartende Zahl der Asylsuchenden „ein bisschen heftig“.
Die Schließung der Dorfläden und des Hotelbetriebs in Bad Salzhausen sind laut Medebach die beiden Maßnahmen, durch die das Defizit der Behindertenhilfe ausgeglichen werden soll. Weitere seien nicht geplant.