Internationaler Frauentag

Frauenfrühstück mit RekordbeteiligunFrauentag1g

Von Corinna Willführ

16 Veranstaltungen gibt es im Wetteraukreis zum Internationalen Frauentag am 8. März, darunter ein Frauenfrühstück mit Rekordbeteiligung. „Es fehlt indes ein politisches Anliegen und ein klares Statement“, kommentiert Landbote-Redakteurin Corinna Willführ das Programm.

Internationaler Frauentag

Mehr als 700 Frauen haben sich in diesem Jahr zum traditionellen Frauenfrühstück anlässlich des Internationalen Frauentags (8.März) in Ortenberg-Selters angemeldet. „Besonders bunt und vielfältig“, so der Sozialdezernent des Wetteraukreises, Helmut Betschel, ist heuer auch das vom  Fachdienst Frauen und Chancengleichheit des Wetteraukreises in einem Flyer zusammengefasste Programm. Bis Ende März verzeichnet es 16 Veranstaltungen.

Die Zahl scheint unglaublich, aber sie ist wahr: Zum traditionellen Frauenfrühstück in der „Neumühle“ im Ortenberger Stadtteil Selters haben sich nicht 70, sondern mehr als 700 Frauen angemeldet. „Als ich die Organisation des Frauenfrühstücks übernommen habe, hätte ich mir das auch nicht vorstellen können“, sagt Gudrun Haas. Die 55-Jährige Fachberaterin für Touristik und kommunales Marketing aus Schotten ist seit 2006 Koordinatorin der Veranstaltung von Frauen für Frauen. Sie erinnert sich: „Beim ersten Treffen waren wir 36 Frauen.“ Auf einem Plakat, das wie damals mit dem Slogan „Unterwegs in Oberhessen“ wirbt, stehen heute als Unterstützerinnen die Frauenbeauftragen aus Limeshain, Ortenberg, Nidda, Schotten und Glauburg. Das Frauenfrühstück ist eine Erfolgsstory geworden. Warum?

Eng, gemütlich, unbeschwert

„Da kommen verschiedene Faktoren zusammen“, sagt Gudrun Haas. In der „Neumühle“ der Familie von Elisabeth und Alfred Martini schätzen die Frauen die Atmosphäre in dem Räumlichkeiten des Lokals (zurzeit sonst nicht geöffnet). „Sie wissen, dass es eng ist und gemütlich. Für viele ist es schon ein vertrauter Ort, in dem sie sich über ihren Alltag unbeschwert austauschen oder einfach nur die die Vorträge der Musikerin Tine Lott und des Comedians Markus Karger, alias „Frau Kraft aus Stockheim“ genießen können.“

Forderungen wie sie der DGB Hessen (auch) bei seiner zentralen Veranstaltung der Gewerkschaft zum 8. März in Frankfurt (Ansprache: Gabriele Kailing, Vorsitzende des DGB Thüringen) formuliert: Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse, flächendeckende Versorgung mit Kindertagesstätten, Stopp der Absenkung des Rentenniveaus werden beim Frauenfrühstück nicht in Reden formuliert.

Dass sie durchaus Themen sein können, ist Karin Frech überzeugt. „Beim Frauenfrühstück tauschen sich die Frauen über ihre Lebenswelten aus“, sagt die Geschäftsführerin der gemeinnützigen Gesellschaft Frauen Arbeit Bildung (FAB) in Friedberg. Ob Landwirtinnen, Sekretärinnen, Unternehmerinnen oder arbeitslose Alleinerziehende. Ob Frauen aus der Wetterau, aus Afghanistan, Italien, dem Senegal, Iran oder der Türkei. „Beim Frauenfrühstück sind alle willkommen.“ Wie in den Räumen der FAB und des Mehrgenerationenhauses im Grünen Weg in Friedberg. „Zu den Kursen und Veranstaltungen in unseren Räumen kommen Frauen aus rund 30 Nationen.“ Dass die gemeinnützige Gesellschaft mit Sitz in der Kreisstadt mehr als 300 Mitarbeiterinnen (und Mitarbeiter) in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt, ist „ein Beitrag, um der Armut von Frauen im Alter vorzubeugen.“

700 Frauen bei einem Treffen am 8. März. „Das geht natürlich nicht“, sagt Gudrun Haas. Deshalb startet das Frauenfrühstück in der Region Oberhessen bereits am 28. Februar und wird an sieben weiteren Terminen fortgesetzt. Alle Veranstaltungen sind allerdings bereits ausverkauft.

World Frauen Café in der Friedberger Diskothek „Central-Studio“

Für das World Frauen Café 2015, das zum ersten Mal in der Diskothek „Central-Studio“ in der Wolfengasse im Zentrum der Kreisstadt Friedberg am Freitag, 6. März, ab 15 Uhr, zu „Kaffee, Cupcakes, Süßes & Co“ einlädt, sind bis zum 3. März noch Anmeldungen möglich. Veranstalterinnen sind FAB und das Mehrgenerationenhaus Wetterau. „Nach dem Erfolg unseres ersten World Frauen Cafés im vergangenen Jahr in unseren Räumen im Grünen Weg“, sagt Karin Frech, „haben wir nach einem größeren Veranstaltungsort gesucht.“ Gudrun Haas, auch Projektleiterin des Mehrgenerationenhauses in Friedberg, hat ihn gefunden und mit Ernst und Carmen Janik vom Central-Studio Unterstützer für ihre Idee. „Dass wir Frauen allen Alters und aller Kulturen zum  World Frauen Café 2015 an diese bekannte Location einladen können, ist wunderbar.“ Ganz besonders freut sich Gudrun Haas, den Besucherinnen einen Überraschungsgast präsentieren zu können, der Persönliches zur „mutigen Frau“ erzählen kann, die das World Frauen Café 2015 vorstellt: die Modedesignerin Coco Chanel.

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Karin Frech (links), Geschäftsführerin von Frauen-Arbeit-Bildung gGmbH, und Gudrun Haas, Koordinatorin des Frauenfrühstücks. (Foto: Willführ)

Von „keltischen Weibern“ und dem „Fluch der Germanin“

Mit Weltenbummlerinnen, Forscherinnen und Entdeckerinnen auf Weltreise gehen, kann Frau bereits am Mittwoch, 4. März, im Berufsbildungswerk Südhessen in Karben (Am Heroldshain). In Bad Nauheim treten am Donnerstag, 5. März, um 19.30 Uhr in der Trinkkuranlage „The Wonderfrolleins“ mit Musik der 50er und 60er Jahre auf. „Frauen mit Stil“ soll der Flohmarkt für „Super Second-Hand-Kleidung“ ansprechen, zu dem die Evangelische Familien-Bildungsstätte Wetterau und der Soroptimist International Club Bad Nauheim für Samstag, 7. März, ab 11 Uhr in die „Alte Wäscherei“ Am Goldstein 4b nach Bad Nauheim einladen.

Dann wäre da noch „Irgendwas mit Sex“, das Kabarett mit Martina Brandl am Donnerstag, 26. März, 20 Uhr im Parksaal von Nidda-Bad Salzhausen, der „Fluch der Germanin“ mit einer Fackelwanderung zum Limes-Wachtturm in Rommelhausen am Freitag, 13. März, 18.30 Uhr (Treffpunkt: Sportplatz) und der „Keltische Weiber Morgen“ am Sonntag, 15. März, von 10 bis 13 Uhr im Bistro der Keltenwelt am Glauberg. So viel zu den vergnüglichen Aspekten des Programms.

Ausstellung zum „Tatmotiv Ehre“

Erst wenige Wochen ist es her, dass ein Vater seine 19-Jährige Tochter in Darmstadt ermordete. Der Grund: Sie sollte nicht den Mann, den sie liebte, ehelichen. Ein „Ehrenmord“? Was bedeutet der Begriff überhaupt? Erklärungsangebote liefert die Wanderausstellung „Tatmotiv Ehre“ von Terres des Femmes, die am Mittwoch, 11. März, 18.30 Uhr im Foyer des Kreishauses in Friedberg, eröffnet wird. Der Fachdienst Frauen und Chancengleichheit des Wetteraukreises hat sie gemeinsam mit der FAB und Frauen im Verbund (FiV) in die Kreisstadt geholt. Die Präsentation will über die „Hintergründe und verschiedenen Formen von Ehrenverbrechen aufklären.“

Wie Frauen vom Integrationskonzept des Wetteraukreises profitieren können, zeigt der Fachdienst in Kooperation mit dem Frauenzentrum Wetterau. Die Veranstaltung unter dem Motto „Miteinander Leben gestalten“ ist am Montag, 24. März, in der Kreisverwaltung Friedberg am Europaplatz. Anmeldung erforderlich

Für Karin Frech sind die beiden letztgenannten aus dem Programm besonders wichtige Veranstaltungen. „Denn es gibt noch viel zu tun, um eine wirkliche Gleichberechtigung der Frau in allen gesellschaftlichen Bereichen und für alle Frauen zu erreichen. Ich bin kein Fan der Frauenquote, wie sie jetzt in den Aufsichtsräten von deutschen Unternehmen realisiert werden soll, aber sie ist wichtig. Wichtig ist uns bei der FAB aber auch, Frauen, die aus anderen Kulturen kommen zu vermitteln, dass sie hier willkommen sind und ihnen zu zeigen, welche Möglichkeiten und Rechte sie in Deutschland haben.“ Die Managerin ist zuversichtlich, dass sich Anknüpfungspunkte zu einem besseren Verständnis und Miteinander von Frauen unterschiedlichen Alters, verschiedener Kulturen und diverser Lebensverhältnisse in Veranstaltungen wie dem Frauenfrühstück oder dem World Frauen Café 2015 im Central-Studio ergeben.

Das gesamte Programm im Netz www.frauenseiten.wetterau.de

Anmeldungen zum Word Frauen Café bis 3. März per E-Mail an orga@fab-wetterau.de

Kommentar

Frauen eine Stimme geben

Von Corinna Willführ

„Besonders bunt und vielfältig“ ist das Programm im Wetteraukreis zum Internationalen Frauentag 2015, wie es dessen Sozialdezernent Helmut Betschel in der Vorankündigung über die Pressestelle des Kreises formuliert. Dem kann nicht widersprochen werden, wenn man darunter das Spektrum vom „Dufterlebnis für Frauen“ über den Markt „Super-Hand-Kleidung“ für Frauen mit Stil, die Fackelwanderung zum Limes-Wachturm unter dem Titel „Der Fluch der Germanin“ oder den „Keltischen Weiber Morgen“ mit Harfenklängen versteht.

Das ist bei allem Engagement der beteiligten Organisationen und ihrer Vertreterinnen: Viel zu wenig. Denn in vielen deutschen Städten gehen Menschen (und müssen es) auf die Straße, um zu demonstrieren, dass ihre Kommunen „bunt und vielfältig“ sind. Sie wehren sich damit gegen Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus, gegen jede Form von Menschenverachtung und die Diskriminierung AndersDenkender und AndersLebender und damit auch gegen Sexismus.

Dem Programm zum Internationalen Frauentag im Wetteraukreis fehlt indes ein politisches Anliegen und ein klares Statement, was denn außer gemütlichem Beisammensein, Kabarett, Modenschau und „Irgendwas mit Sex“ zwischen Karben und Nidda die Lebensbedingungen von Frauen verändern könnte und sollte. Von Frauen, die ihre Kinder alleine erziehen müssen. Die sich um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern. Die mit ihrer Rente an der Altersarmutsgrenze leben. Die irritiert sind von den unterschiedlichen Wertevorstellungen ihrer Herkunftsländer und der Wirklichkeit in Deutschland. Die traumatisiert sind von ihren Erfahrungen aus Kriegsgebieten. Die immer noch realisieren müssen, dass sie im Beruf gegenüber männlichen Kollegen benachteiligt werden. Die vor der Gewalt ihrer Partner in Frauenhäuser fliehen müssen.

Ihnen eine Stimme zu geben, auf sie und ihre Situation aufmerksam zu machen, das hätte (mindestens) zu einem so umfangreichen Programm zum Internationalen Frauentag in der Wetterau gehört.

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