Jessica Büttel gibt Intensivseminare für „improved reading“
Sie dreht Filme, macht Musik und ist Co-Trainerin an der Uni Frankfurt in Intensivseminaren zum „improved reading“. „Improved reading“, erklärt Jessica Büttel, „ist eine Methode, Texte schneller lesen und zugleich besser verstehen zu können.“ Für die 47-Jährige war ihr erster Kontakt mit der Lese-Methode ein „Aha-Erlebnis“. Bis heute ist sie ein wichtiger Bestandteil in der kreativen Arbeit der Wehrheimerin. Eine Arbeit, die viele Facetten hat.
Besser lesen mit Filmemacherin
Es weht ein eisiger Ostwind im März 2013. Der Boden im Bizzenbachtal ist gefroren, die Erde Schnee bedeckt. Zu den Menschen, die sich bei frostigen Temperaturen am Rande der Taunusgemeinde Wehrheim treffen, um gemeinsam für ein in der Region einzigartiges Projekt anzupacken, gehört auch Jessica Büttel. Sie ist mit ihrer Kamera-Ausrüstung dabei, um das „Weidenbau-Projekt“ zu dokumentieren. „Ich war von Anfang an von der Idee der Initiatoren Hannes Akman und Anke Wehr begeistert, dass Menschen gemeinsam ein Bauwerk aus reinen Naturmaterialien errichten wollen, das einmal von Menschen gemeinsam genutzt werden soll.“ Jessica Büttel begleitet das Projekt bis zu seiner Fertigstellung. Als sie ihren Film vor mehreren Hundert Menschen ein Jahr später präsentiert, erhält sie minutenlangen Applaus.
Interessante Menschen mit Empathie begleiten
Im Januar 2015 ist es wieder eisig kalt. Dieses Mal ist die Filmemacherin nicht allein mit ihrer Kamera unterwegs, sondern mit einem Kollegen-Team des Hessischen Rundfunks und dem Auftrag, eine Reportage über das Experimentalarchäologische Freilichtlabor Lauresham im Weltkulturerbe Kloster Lorsch für die Serie „Hessen-Reporter“ zu drehen. „Draußen stand ich knietief im Matsch. Drinnen, in dem original getreu nachgebauten Herrenhaus aus dem achten Jahrhundert, tränten uns die Augen vom Rauch aus der einzigen offenen Feuerstelle.“
Ob Jessica Büttel einen Film für einen Sender des öffentlich-rechtlichen Fernsehens produziert, Aufträge für eine Lehr-DVD des Freilichtmuseums Hessenpark oder ein Firmen-Video umsetzt: Ihr Ziel ist es stets, „interessante Menschen mit Empathie und Neugier zu begleiten und ihre Wirklichkeit dem Zuschauer zu vermitteln.“ Das gehört zum Selbstverständnis der 47-Jährigen, die von sich sagt: „Ich verstehe mich mehr als kreative, soziale Filmemacherin denn als Journalistin.“
Als Musikerin unterwegs in London und Miami
Jessica Büttel wird 1967 in Hamburg geboren. In eine hanseatische Kaufmannsfamilie? Als Tochter eines Kapitäns? „Ich bin in einem Sozialbau groß geworden.“ Mehr sagt Jessica Büttel nicht. Dass sie Abitur machte, war in ihrer Familie kaum vorstellbar. Dass sie ein Instrument lernte: nicht vorgesehen. Und doch: Schon dem Mädchen Jessica war klar, dass sie Musik machen wollte. Sie „verliebte“ sich in die Querflöte. „Das Geld für mein erstes Instrument habe ich mir mühsam zusammen gespart. Weil es meinen Eltern zu laut war, durfte ich aber nur im Hochhaus-Keller üben.“
Mit 17 zieht sie von Zuhause aus. Der Beginn ihrer „Partyzeit“, wie sie sagt. Mit der heute noch bestehenden Hamburger Kult-Brass-Band „TäTäRä“ tritt sie auf dem Hamburger Fischmarkt auf, bei der Lord Majors Parade in London oder 1989 in Miami. „Da waren wir“, Jessica Büttel lacht, „neben Freddy Quinn Musik-Botschafter der Stadt Hamburg.“ Und sie beginnt angewandte Kulturwissenschaften zu studieren, arbeitet nebenbei als Filmvorführerin. Unversehens ergibt sich für sie die Möglichkeit, ein Jahr in den USA zu studieren. Sie erhält ein Stipendium und packt spontan die Koffer, um nach Texas zu gehen. „Ich lebte in einem fürchterlich spießigen Kaff. Da war man schon eine Schlampe, wenn man einmal einen Minirock trug.“
Keine einfache Zeit für die junge Frau die „ziemlich viel Heimweh“ hatte. Zurück in Deutschland aber feststellte, dass ihr die während ihres unerquicklichen Amerika-Aufenthalts gewonnenen Sprachkenntnisse und der „Bachelor of Arts in Journalism“ Türen öffneten. Nach ihrem Abschluss als Magister Artium arbeitet sie für die Deutsche Welle, den Nachrichten-Sender N-TV, später als Bildmischerin in Live-Sendungen und Producer Television.
„Improved Reading“ – eine große Hilfe im Alltag
Heute ist Jessica Büttel, die 1998 der Liebe wegen in die Taunusgemeinde Wehrheim zog, selbstständig und Gründerin des Labels „Die Filmkameraden“. Wie es zu dem Namen kam? Durch eine erneute spontane Entscheidung. „Unsere Tochter wurde in der Grundschülerbetreuung gefragt, was denn ihre Eltern tun würden. Sie sagte: „Meine Mama macht was mit Filmen und Kameraden.“
Nicht nur: Denn als lebenslang Lernende besuchte Jessica Büttel einen Kurs in „Improved Reading“ bei Wolfgang Schmitz. „Ich kam bei meinen Recherchen, zu denen auch das Lesen von Texten gehört, zu langsam voran, brauchte zu viel Zeit, um zum Wesentlichen für meine Arbeit zu kommen.“ Aus dem „Aha-Erlebnis“, das sie in dem Seminar hatte, machte Jessica Büttel eine neue Profession. Als eine von zehn Trainern unterrichtet sie nicht nur Studenten an der Goethe-Uni in Kooperation mit dem CareerCenter, sondern auch in Firmenkursen die Mitarbeiter internationaler Unternehmen darin, wie sie, nicht nur schneller und verständiger lesen können, sondern auch, wie sie unterschiedliche Texte mit flexiblen Strategien erarbeiten können.
„Auch Erwachsene lesen noch nach dem Muster, das ihnen in der Grundschule vermittelt wurde. Die stetig wachsende Zahl an Informationen erfordert aber, Texte und damit auch Inhalte schneller aufnehmen, verarbeiten und vor allem verstehen zu können. Unser Gehirn ist dazu in der Lage. Denn seine Kapazität ist viel größer, als sie beim normalen Lesen – bei Anfängern etwa 70, bei Fortgeschrittenen circa 250 Wörter pro Minute –in Anspruch genommen wird. Dazu braucht es neue Techniken. “ Wie sich die Hirnfunktionen durch diese, eben das „improved reading“, besser aktivieren lassen, ist beim nächsten Intensivtraining am Wochenende 14./15. Februar im Casino-Gebäude auf dem Campus Westend zu erleben– mit Jessica Büttel als Trainerin.
Filmen, lesen und lehren. Bleibt da noch Platz für Musik? Für die Weltmusik, den Tango, Bossanova, Latin Jazz, die Jessica Büttel so liebt? Keine Frage. Ihre vielfältigen Band- und Chorerfahrungen lässt derzeit in das Jazz-Duo mit dem Pianisten Dirk Lehmkuhl einfließen. Schließlich ist sie davon überzeugt, dass sich aus ihren Lebens- und Berufserfahrungen „Synergieeffekte“ erzielen lassen. Die sie, das ist ihr großer Wunsch, einmal in einem längeren Film umsetzen könnte. „In einer Reportage über einen Musiker oder eine Instrumentenbauerfamilie.“ Einem Film, den sie frei von Honorarsorgen nach ihren ästhetischen Vorstellungen umsetzen könnte.
Es ist wieder ein nasskalter Wintertag. Jessica Büttel muss wieder hinaus. Ein Termin, auf den sie sich freut: Sie will ihre Tochter von der Jazz-AG der Schule zum Ballett bringen. Ohne Kamera.
Informationen zu den Kursen von „improved reading“ unter www.careercenter-zq.de