Main-Metropole ohne Milch und Honig
Von Tonia Hysky
Die vegane Welle ist nach Frankfurt geschwappt. Vor allem im Stadtteil Bornheim haben sich viele Restaurants und Läden angesiedelt, die auf tierische Produkte verzichten. Landbote-Autorin Tonia Hysky stellt sie vor.
Vegan in Frankfurt
„Aber was kannst du denn dann noch essen?“ Malina, Studentin der Japanologie in Frankfurt, hat diese Frage schon oft gehört. „Also erstmal ist Gemüse ja schon sehr gesund. Dazu gibt es natürlich noch Getreide, Obst, Kartoffeln, Nüsse, Öle, und so weitere. Daraus kann man Nudeln machen, Pommes, Kuchen und noch enorm viel mehr“ Malina lebt seit vier Jahren vegan, hauptsächlich aus Tierschutzgründen. In Frankfurt, sagt sie, gebe es eine große Auswahl an veganen Restaurants und Cafés, jedoch werde sie auch in Supermärkten bei veganen Produkten immer öfter fündig. Zwar trägt sie kein Leder, macht bei Secondhand Wollkleidung jedoch auch Ausnahmen.
Dass Vegan in Frankfurt immer populärer wird, macht sich bemerkbar. Nicht nur in Berlin gibt es eine große vegane Szene, auch in Frankfurt hat das Leben ohne Fleisch und tierische Produkte Einzug gehalten, vor allem in der Gegend in und um Bornheim. Der Stadtteil im Osten Frankfurts hat seit je her einen besonderen Charme. Zwar nicht direkt in der City und trotzdem nah dran, gibt es hier viele Bioläden, Reformhäuser und alternative Cafés. Sogar der nahe Discounter führt neben Kuhmilch auch Sojamilch. Aber was bedeutet Vegan eigentlich? Ein veganes Leben zu führen, bedeutet nicht nur kein Fleisch zu essen. Es bedeutet, alle Lebensmittel tierischen Ursprungs vom Ernährungsplan zu streichen. Dazu gehören neben Käse und Milch auch Eier, Joghurt oder Butter. Sogar Honig, denn der wird ja von Bienen für ihr eigenes Volk produziert. Strenge Veganer verzichten zum Beispiel auch auf das Tragen von Lederschuhen und -jacken, Fell oder Wolle. Für den Mensch soll kein Tier leiden oder ausgenutzt werden.
Vegan Frühstücken
Frankfurts vegane Restaurants tragen die Namen „Chimichurri“, „Wondergood“ oder „Savory“. In Cafés und Bistros wie „Edelkiosk“ oder „Rag Bar“ kann man vegane Kuchen, Cupcakes und Smoothies genießen. An der Bergerstraße servieren Anja Düppre und Nina Christmann in ihrem veganen Frühstückscafé „Extravegant“ seit Mai 2014 jeden Tag veganes Frühstück, täglich wechselnden Mittagstisch und zum Kaffee mit verschiedenen veganen Milchsorten natürlich auch Kuchen. „Wir haben das Extravegant gegründet, weil wir fanden,
dass man in Frankfurt nicht gesund und ausgewogen vegan frühstücken konnte. Und wir haben die ganze Zeit gedacht, wieso denn, wir frühstücken doch immer so lecker zu Hause. Warum gibt’s das hier denn nicht? Und dann haben wir gesagt, dann machen wir das doch selber“, sagt Anja. Vegan ernähren sich Anja und Nina erst seit Anfang 2013, durch die vielen Lebensmittelskandale und ihr Engagement im Tierschutz fiel die Entscheidung, ganz auf tierische Produkte zu verzichten. Dass man auch mit veganen Zutaten jeden Tag vielfältig und ausgewogen kochen kann, zeigt die Speisekarte des Extravegant. Neben „Geröstetem Apfel-Zimt Müsli mit Mandelmilch“ gibt es „Hirse-Kräuterreis-Türmchen auf Paprika-Kokos-Curry“ und „Frenchtoast-Burger mit Rettich-Karotten-Rosmarin Ecken“. Fleischersatzstoffe kommen im Extravegant eher selten in die Pfanne, viel wichtiger ist den beiden Inhaberinnen, dass die Zutaten aus der Region kommen, Bioqualität haben und möglichst saisonal sind. In das Extravegant kommen aber nicht nur Veganer, sagt Anja: „Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass die Leute bewusster mit ihrer Ernährung umgehen. Aber natürlich ist das ein schleichender Prozess.“
Veganer Vollsortimenter
Wer vegan gerne auch selbst zu Hause kocht, wird ebenso in Bornheim fündig. Seit Januar 2013 gibt es in dort mit dem Supermarkt der Kette „Veganz“ den ersten veganen Vollsortimenter Hessens. Im Grunde hat der vegane Supermarkt in der Spessartstraße in Größe und Sortiment keinen großen Unterschied zu einem normalen Laden. Im Veganz gibt es mit 5000 bis 6000 Produkten auf 200 Quadratmeter Ladenfläche alles, was das vegane Herz begehrt. Natürlich angefangen bei Obst und Gemüse, über vegane Kochzutaten, Tiefkühlprodukten bis hin zu dem veganen Döner- und Hähnchenfleisch. Ersatzstoffe für Fleisch oder Milchprodukte werden nicht nur aus Tofu hergestellt, sondern auch aus Weizen, Konjakwurzel oder sogar Lupinen.
Der Frankfurter Standort ist die zweite Eröffnung von Veganz Gründer Jan Bredack. Die Idee kam ihm, als er wieder einmal eine Dose im Supermarkt auf die Inhaltsstoffe überprüfte.
„Ein Veganer hat ja immer so ein bisschen Probleme irgendwo einzukaufen. Der muss ja jede Dose in die Hand nehmen und muss lesen ob auch wirklich keine Stoffe tierischen Ursprungs in der Dose enthalten sind.“, so der Filialleiter des Veganz Frankfurt, Thorsten Römer. Natürlich gebe es viele Sachen, die ohnehin vegan sind, wie eben Obst und Gemüse. Allerdings sind diese im Veganz auch 100% Bio Qualität, 60% bis 70% sind es bei allen anderen Produkten, fügt Römer hinzu. Bis heute haben vom Unternehmensstandort Berlin in Europa neun Veganz Standorte eröffnet, sieben sind es in Deutschland und der achte ist schon in Planung.
Natürlich kaufen hier nicht nur Veganer ein, meint Thorsten Römer. „Wir sind ein veganer Supermarkt, nicht ein Supermarkt ausschließlich für Veganer. Bei uns darf jeder einkaufen, der möchte.“ Auch hier legen viele der Kunden Wert auf gesunde Ernährung und setzten sich mit dem auseinander, was sie zu sich nehmen. Das trägt dazu bei, dass auch Nicht-Veganer auf den Geschmack von Soja und Co. kommen. Zudem kaufen natürlich viele Vegetarier im Veganz ein. Zum Supermarkt gehört noch ein Bistro, hier gibt es eine Auswahl an veganen Snacks, Kuchen und anderen Backwaren.
Auch Malina kauft gerne im Veganz ein, denn hier findet sie vor allem spezielle vegane Nahrungsmittel, die es in normalen Supermärkten nicht gibt. Dann gibt es zum Abendessen zum Beispiel Saitan Ente oder Gambas aus Konjakwurzel.