Ins 19. Jahrhundert eintauchen
Von Jörg-Peter Schmidt
Der Erfolgsschriftsteller Thomas Hettche (Foto Stiftung Schloss Leuk/Thomas Andenmatten) kehrt zur Vorstellung seines neuen Buches „Pfaueninsel“ in seine mittelhessische Heimat zurück. Die Lesereise hat ihn nach Marburg und Lollar geführt, im März 2015 kommt er nach Bad Nauheim.
Hettche und die Pfaueninsel
Thomas Hettche (Jahrgang 1964) stammt aus Staufenberg-Treis bei Gießen. Mit „Pfaueninsel“ (Kiepenheuer & Witsch) hat er einen der aktuell meist gelesenen Romane geschrieben. Der Autor ist unter anderem mit dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis und dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet worden. Hettche lebt inzwischen abwechselnd in Berlin und in der Schweiz. In einer ausgedehnten Lesereise stellt er sein neues Buch vor und kehrt für Lesungen auch in seine mittelhessische Heimat zurück: am Montag, 8. Dezember war er im Technologie- und Tagungszentrum (Softwarecenter 3, Frankfurter Straße) in Marburg und am Dienstag. 9. Dezember in der Stadt- und Schulmediothek der Clemens-Brentano-Europaschule (CBES) Lollar/Staufenberg (jeweils 20 Uhr) – nicht weit von dem Dorf seiner Kindheit entfernt.
Sicherlich wird es dabei ein Wiedersehen mit früheren Weggefährten aus dem Lumdatal geben, seiner Heimat, an dessen Landschaft sein von den Kritikern begeistert aufgenommener Essayband „Totenberg“ (2012) erinnert. Von den Medien vorwiegend positiv bewertet wird auch sein aktueller Roman, der es in das Finale „der besten 6“ der Shortlist für den Deutschen Buchpreis und auch in die Bestseller-Listen geschafft hat.
Im Mittelpunkt steht die kleinwüchsige Marie. Sie ist, wie aus dem Text des Buchrückens hervorgeht, „das historisch erwiesene Schlossfräulein der Pfaueninsel“, die in die Havel zwischen Berlin und Potsdam eingebettet ist. Sie galt als Rückzugsort der Preußenkönige und wurde, so erfährt man, im 19. Jahrhundert von Peter Joseph Lenné und Karl Friedrich Schinkel unter Mithilfe des Hofgärtners Fintelmann zu einem künstlichen Paradies umgestaltet.
Der Leser ist schnell ins 19. Jahrhundert eingetaucht und sieht die Welt durch die
Augen von Marie, ihrem ebenfalls klein gewachsenen Bruder Christian und Gustav, dem Neffen des Gärtners Fintelmann. Nicht nur Menschen mit ihren Stärken und Schwächen werden geschildert. Deutlich wird, desto mehr man sich in „Pfaueninsel“ hineingelesen hat, dass Hettche die Natur liebt: Bäume, Wiesen, Regen und Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten, werden in einer wohltuend schnörkellosen Sprache, aber dennoch intensiv beschrieben. Man sieht, schmeckt und riecht die Erde, das Gras, das Obst und hört die Rufe, das Krächzen, Knarzen, Schnalzen und Schreie der Tiere, die auf die Insel gebracht werden: Dazu gehören beispielsweise ein Bär, Kängurus, ein Elch, ein Löwe und ganz viele Pfauen.
Man begegnet während dieser literarischen Zeitreise, die wie farbenprächtiger wunderbarer Historienfilm vor einem abläuft, so manchen historischen Persönlichkeiten: gleich auf der ersten Seite der Preußenkönigin Luise. Sie spielt für den Ablauf der Geschichte eine unfreiwillig Weg weisende Rolle. Dabei geht es um ein böses Wort. Welches? Der Leser erfährt es. Das Buch ist übrigens liebevoll in verschiedenen schönen Schriften gedruckt.
In Bad Nauheim liest Hettche am Mittwoch, 4. März 2015 um 19.30 Uhr im Badehaus 2 des Sprudelhofs. Veranstalter ist die Buchhandlung am Park.
Die Termine der Lesungen sind zu finden unter: http://www.kiwi-verlag.de/autor/thomas-hettche/1135/