Nissens Woche – die siebenundvierzigste
Zypern – die Insel hat was. Der Kombi-Preis für Flug und Hotel ist unschlagbar. Und mittags schwitzt du am 20. November noch in der Sonne; das Meer hat 20 Grad. Im Gegenzug zur Handtuchkarte gibt die Bademeisterin große hellblaue Frotteetücher an die Strandgänger aus. O – wenn sich die Landsleute doch züchtig darin einwickelten! In der knappen Badehose fällt das Übergewicht doppelt peinlich ins Auge. Das Personal ist gehalten, es zu übersehen – ich kann es nicht. Prüfte mich im Spiegel und begann ein Laufprogramm am Strand. Fragt sich nur, ob es die große Flasche Keo-Bier kompensiert, die ich gern spätnachmittags am Strandkiosk als Sundowner zu mir nehme.
Vorsicht bei der Meze!
Sinnend schaue ich aufs Meer. Ein Aquajogger zieht im hüfthohen Wasser vorüber. Mühsam. Auf dem Rücken trägt er noch einen Rucksack. Der Kioskwirt hat mein Interesse bemerkt. „He walks there twice a day – in the morning and the evening, all the way from the outskirts of Larnaca till Sandy Beach Hotel.“ Also acht bis zwölf Kilometer gegen den Wasser-Widerstand. Aber warum? „Two years ago he had 250 Kilos on his waist. And now he lost most of them!!“
Alle Achtung. Trotzdem sieht es aus wie Quälerei. Im Gegensatz zur Eleganz, mit der unser Büdchenbetreiber sowohl auf Griechisch-Zypriotisch, als auch auf Englisch parliert. Das können alle hier. Im Linienbus nach Larnaca erklärte uns der Fahrer in vollendet britischem Idiom, wo wir am besten in der Stadt aussteigen.
Warum sich die Kurden schon über die Zyprer lustig machen
Mit etwas Schulenglisch kommt man auf Zypern prima über die Runden. Und Marita aus unserem Reiseleiter-Team spricht sogar Deutsch. Sie soll uns am Dienstagabend in der Hotellobby eigentlich Ausflüge oder Leihwagen andrehen. Doch sie nutzt unser Treffen auch, um über die Türken zu klagen. Die haben 1974 einfach den Pentadaktylus bis runter nach Nikosia und Famagusta besetzt, gegen alles Völkerrecht. Und nun, so Marita, besitzen sie die Unverschämtheit, auch noch einen Teil des Erdgasfeldes für sich zu reklamieren, das kürzlich vor der zyprischen Südküste entdeckt wurde. Und was tun die EU und die auf Zypern massenhaft stationierten Briten? Sie nehmen es einfach hin. Dass die Russen sich die Krim einverleiben und die
Ukraine bekriegen, bestraft die EU mit Sanktionen, während sie hier auf Zypern schweigt. Das hat wohl strategische Gründe, vermutet Marita und findet es trotzdem erbärmlich. Sie schüttelt energisch ihre dunkelbraunen Locken hinter die Schultern und lässt ihre Augen erzürnt blitzen. „Die Zyprioten nehmen das alles hin, ohne ein Wort zu sagen. Die Kurden machen sich über uns schon lustig – die haben sich wenigstens gewehrt!“
Da sitzen wir vier Touristen denn doch ein wenig belämmert in den weichen Lobby-Sesseln. Das haben wir alles nicht gewusst. Wir wollten doch nur einen Kia Picanto zum sagenhaften Nebensaison-Vollkaskopreis von 22 Euro. Sind wir nicht auch Abzocker wie all die anderen, die die aktuelle Schwäche der gebeutelten Zyprer ausnutzen? Andererseits: Die teils zähen, teils fettigen Fleischstückchen, die uns ein gewisser Aki gleich am ersten Abend als landestypische Meze servierte, waren auf keinen Fall die geforderten 24 Euro wert. Gerechtigkeit, hast du auf Zypern keinen Platz? Das müssen wir unbedingt auch kommende Woche noch genauer recherchieren.