Massenmord in Ruanda – die Ursachen

Ein unrühmliches JubiläumBelardi

Von Jörg-Peter Schmidt

Vor 20 Jahren wurden in Ruanda von einer militanten Gruppe in etwa 100 Tagen knapp eine Million Menschen  vorwiegend der Volksgruppe der Tutsi  ermordet. Dr. Nando Belardi aus Bergisch Gladbach erläuterte in einem Vortrag in der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar die Ursachen dieses Genozids.

Massenmord in Ruanda – die Ursachen

Belardi verglich die Entwicklung, die zu dem Massenmord in dem ostafrikanischen Land führte, mit der NS-Herrschaft und deren Folgen: Vom  Hitler-Regime wurde das Bild der Arier als „überlegene Rasse“ vermittelt; in Ruanda förderten 1895 bis 1916 die deutschen und danach bis 1962 die belgischen Besatzer die Vorstellung, wonach die groß gewachsenen Tutsi (sie waren meistens Viehhirten) den körperlich kleineren Hutu  (den Ackerbauern) überlegen seien und bei der  Besetzung wichtiger Ämter zu bevorzugen seien. Dies hatte einen Teufelskreis von Aggressionen zur Folge: Hutu und Tutsi übten gegeneinander immer wieder Gewalt aus.  Eine Wirtschaftskrise trug dann dazu bei, dass eine diktatorische Hutu-Elite zur Macht kommen konnte, die in Goebbels-Manier das Land mit einer  Propaganda-Welle überflutete. Die Zeitung „Kangura“ bildete Anfang der neunziger Jahre  – diskriminierend an die Juden in Deutschland  erinnernd – die Tutsi mit Davidstern ab.

Dr. Nando Belardi während seines Vortrags. Im Hintergrund eine Afrika-Karte. Der große gelbe Fleck in der Mitte ist der große Kongo. An der rechten Seite in der Mitte sind zwei kleine Flecken, der obere ist Ruanda, der untere Burundi. (Foto: Schmidt)

Dr. Nando Belardi während seines Vortrags. Im Hintergrund eine Afrika-Karte. Der große gelbe Fleck in der Mitte ist der große Kongo. An der rechten Seite in der Mitte sind zwei kleine Flecken, der obere ist Ruanda, der untere Burundi. (Foto: Schmidt)

Unvorstellbare Gräueltaten

Am 6. April 1994 begann der Genozid: Die Bevölkerung in Ruanda wurde an diesem Tag ebenso getäuscht wie die Menschen in Deutschland  am 31. August 1939: Hitler ließ damals einen „polnischen Angriff“ auf den Sender Gleiwitz inszenieren, um das Nachbarland anzugreifen. „In Ruanda schob die Hutu-Machtelite den Abschuss eines Flugzeugs, in dem der ruandische Präsident und sein burundischer Amtskollege den Tod fand, den Tutsi die Schuld in die Schuhe“, wie der Referent auf der Grundlage offizieller französischer Untersuchungen resümierte. Die Folge seien die Massenmorde an Hunderttausenden von Tutsi und oppositionellen Hutu mit unvorstellbaren Gräueltaten (in Folge des Genozids auch durch Tutsi) gewesen.

„Es gab vergebliche Warnsignale beispielsweise an die UN-Zentrale, was passieren würde“, gab Belardi zu Bedenken. Frankreich habe durch militärische Unterstützung der Hutu  ebenfalls keine gute Rolle gespielt. „Auch wenn heute viele der Täter des Genozids verurteilt sind – das Leid der Opfer des Konflikts in Ruanda kann man nicht mehr rückgängig machen; wir können aus den Fehlern der Geschichte lernen“, schloss der Historiker seinen beeindruckenden Vortrag.

Nando Belardi ist in Wetzlar geboren und war hier Pädagogischer Mitarbeiter der Volkshochschule.  Er ist emeritierter Universitäts-Professor. In Gießen hat er Sozialwissenschaften mit dem Abschluss Dr. phil. studiert. Weitere Informationen zur Person unter http://nando-belardi.jimdo.com/

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