Schöne, lästige und seltsame Rituale

Nissens Woche – die einundvierzigste

Regelmäßige Rituale sind was Feines. Sie vermitteln Sicherheit und produzieren Vorfreude. Zum Beispiel auf die Hesselbach-Folge am späten Donnerstagabend. Freitags verspüre ich Vorfreude auf die Heute-Show. Jeden Tag freue ich mich auf das Sudoku in der Zeitung. Manchmal auf die Corona nach dem Mittagessen. Das ganze Jahr über auf die Apfelernte im Oktober. Ich freue mich sogar auf das Laubkehren im November. Wieder ein Jahr in Anstand verlebt.

Schöne, lästige und seltsame Rituale

Lästige Rituale gibt es natürlich auch. Ebenfalls im November muss ich das Laub des Birnbaumes im Vorgarten zusammenkehren und in die braune Tonne stecken – damit sich im nächsten Jahr nicht so viel Birnenrost-Flecken auf dem neuen Laub ausbreiten. Das tägliche Zähneputzen ist wirklich lästig. Erst recht das allwöchentliche Staubsaugen und das Badezimmer-Säubern. In finanziell besseren Zeiten habe ich mich davon freigekauft.

KlausDann noch die seltsamen Rituale. Jeden Samstag früh um acht läuft der Schrotthändler mit seiner Bimmel durch Ober-Wöllstadt und schreit: „Aalt-Eiisenn!“ Jeden Samstag! Ist das Örtchen so ergiebig? Gibt es hier eine große Alteisen-Quelle? Oder legen die Ober-Wöllstädter ihre Blech-Abfälle in extra kleinen Dosen auf den Bürgersteig, damit der Schrottler sich jede Woche freuen kann?

Und warum immer früh um acht? Meistens weckt mich sein Geschrei. Und ich frage mich, wer um diese nachtschlafene Zeit schon die Energie hat, Metall auf den Bürgersteig zu stellen. Und warum? Der Samstag ist doch zum Ausschlafen da!

Diesen Samstag war ich ausnahmsweise früh auf den Beinen, weil ich viel zu erledigen hatte. Ging deshalb schon kurz nach Sonnenaufgang in den Nahkauf, Brötchen holen. Da hieß es Schlangestehen vor der Theke. Auch vor der Kasse eine Schlange. Eine ältere Dame aus dem Dorf nutzte die Rush-Hour zum Großeinkauf, damit die anderen noch länger in der Schlange stehen konnten. Es muss ihnen irgendwie Spaß machen. Sie packte den Einkauf dann in ihr Auto und fuhr 150 Meter weit nach Hause.

Meinen Nachbarn wäre so eine Brötchen-Fahrt viel zu kurz. Sie fahren deshalb extra nach Nieder-Rosbach, Friedberg oder Nieder-Wöllstadt, um Brötchen zu holen. Die schmecken besser, behaupten sie. Ich habe es neulich auch probiert – und sie haben tatsächlich Recht. Vielleicht sollte ich nächsten Samstag nach Büdingen oder Frankfurt fahren um mal richtig leckere Frühstücksbrötchen zu holen…

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