Aufregende Donau-Radtour
Von der ungarisch-serbischen Grenze etwa 1500 Kilometer die Donau entlang bis Constanza am Schwarzen Meer zu radeln, war wunderbar: herrliche Landschaften, nette Leute und dieser mächtige, eine beruhigende Ruhe ausströmende Fluss als ständiger Begleiter. Die An- und Abreise mit der Bahn war dagegen ein Horrortripp.
Im IC von Frankfurt nach München. Kurz vor Nürnberg macht die Lok schlapp. Sie wird ausgetauscht. Eine halbe Stunde Verspätung. Adieu Anschlusszug nach Budapest. Kaum hat der Zug Nürnberg mit neuer Lok verlassen, ein Krachen, Rumpeln, Knirschen. Vollbremsung. Gebanntes, verwundertes Schweigen. Nach einer Weile die Durchsage: „Wir haben gerade einen Menschen überfahren.“ Polizei, Katastrophenmanagement der Bahn. Und Notfallseelsorger. Die beruhigen die entsetzten Fahrgäste: „Nein, nein, Sie haben keinen Menschen überfahren. Sie sind nicht schuld.“
Mensch überfahren
Nach drei Stunden fährt der Zug zurück nach Göppingen. Dort warten zwei IC. Von denen nimmt aber keiner Fahrräder mit. Wir müssen einen Regionalzug nehmen. Mit über vier Stunden Verspätung kommen wir in München an. Mitternacht fährt ein Zug direkt nach Budapest. Der nimmt allerdings keine Fahrräder mit. Wir sprechen mit der Zugbegleiterin. Für 100 Euro bekommen wir ein Liegewagenabteil für uns alleine, in das wir die Fahrräder mitnehmen dürfen.
Unsere Fahrräder im Liegewagen
Nach knapp drei Wochen entspanntem Radeln die abenteuerliche Rückfahrt per Bahn. Die Frau am Fahrkartenschalter im Bahnhof in Constanza kann nicht sagen, welche Züge in Rumänien Fahrräder mitnehmen, schon gar nicht für Ungarn, Österreich und Deutschland. „Go to Construktor“, sagt sie. Wir sollen mit den Schaffnern sprechen. Von Constanza nach Bukarest kein Problem. Der nette Schaffner zeigt uns einen Platz für die Fahrräder. Geld will er dafür keins.
Ausgeraubt in Bukarest
Im Bahnhof in Bukarest der Zug nach Wien. Der Schaffner will 50 Euro. Wir geben sie ihm. Er schließt eine Toilette zu, damit wir die Fahrräder davor abstellen können. Beim Einladen der Fahrräder und des Gepäcks stehen mir drei Frauen beharrlich im Weg, packen manchmal mit an, rempeln mich aber auch immer wieder an. Dann sind sie weg. Mit ihnen mein Geldbeutel und meine Brieftasche. Ich sehe zwei Polizisten am Bahnsteig, renne zu ihnen, erkläre ihnen auf Englisch, was passiert ist. Ob mein Gepäck im Zug sei, fragt einer von beiden. „Ja,“, sage ich. Dann solle ich besser einsteigen, sagt er. Der Zug setzt sich gerade in Bewegung. In letzter Sekunde kann ich auf den Zug aufspringen.
Der Schaffner bringt mir stolz meine Brieftasche. Er habe sie im Zug gefunden, sagt er. Mein Geldbeutel mit über 500 Euro bleibt verschwunden. Meine Frau hat noch ein Paar Euro einstecken. Zu wenig, wie sich zeigen sollte. Die Schaffner wechseln in jedem Land. Die in Ungarn wollen auch Geld für unsere Fahrräder. Wir hätten in Rumänien schon dafür bezahlt, sagen wir. Das gelte nur für Rumänien, sagen sie. Die knapp 20 Euro, die wir noch haben, reichen ihnen nicht. Außerdem schließen sie die Toilette wieder auf. Wir müssen jetzt ständig bei den Fahrrädern stehen, um sie zur Seite zu räumen, wenn jemand auf die Toilette möchte. An Schlaf ist nicht zu denken. Plötzlich hält der Zug in einem kleinen Bahnhof. Hier gebe es einen Geldautomaten, sagt der Schaffner. Der Zug warte, bis wir Geld abgehoben haben. 30 Euro will er noch zu den knapp 20, die wir ihm bereits gegeben haben. Dafür gekommen wir eine Quittung. Die nutzt uns in Österreich allerdings nichts. „In diesem Zug sind keine Fahrräder erlaubt“, brüllt uns der österreichische Schaffner an. Unsere Quittung ignoriert er, auch dass die Fahrräder schon 19 Stunden mit uns im Zug sind, interessiert ihn nicht. „Entweder Sie steigen an der nächsten Station aus oder ich rufe die Polizei“, sagt er ultimativ. Wir steigen aus und radeln nach Wien, zum Westbahnhof.
Der für uns und unsere Fahrräder gebuchte Anschlusszug ist längst weg. Der Mann am Fahrkartenschalter, von dem wir uns eine neue Verbindung nach Frankfurt suchen lassen, traut seinen Augen nicht, als wir ihm unsere Fahrkarten aus Constanza zeigen. Der ICE, der für uns und unsere Fahrräder gebucht war, nimmt keine Fahrräder mit. Für unsere Räder waren ganz normale Sitzplätze reserviert worden. Wir müssen Regionalzüge nehmen, um nach Frankfurt zu kommen. An diesem Tag schaffen wir es gerade noch bis Salzburg. Eine teure Übernachtung. Am nächsten Tag kommen wir nach dreimal Umsteigen in Frankfurt an.