Von Anton J. Seib
Wölfersheims Bürgermeister Rouven Kötter (SPD) war ebenso entsetzt, als er den Brief öffnete, wie der Gederner Pfarrer Kurt Johann. Beide hielten eine Hetzschrift in Händen, Absender „Die Jugend für Deutschland – JN“, das ist die Jugendorganisation der rechtsradikalen NPD. Unterschrieben war das Pamphlet nicht. Beigefügt war allerdings ein Kondom, „aus Protest gegen Ihre Politik“. Die sieht nach den Vorstellungen der Rechten unter anderem so aus: „Unkontrollierte Einwanderungspolitik“ und der „damit verbundene Bevölkerungsaustausch in unserem Land“. Und: „Wir sprechen Ihnen die Interessenvertretung der deutschen Belange ab.“ Botschaft an die Adressaten: Besser wäre es, ihr pflanzt euch nicht mehr fort.
Die Neonazis und ihr Kondom
Sowohl Rouven Kötter als auch Pfarrer Johann ließen sich durch die volksverhetzende Aktion nicht einschüchtern. Über Facebook wendeten sie sich am Donnerstag an die Öffentlichkeit. Johann schreibt: „Habe heute Post der Jungen Nationalsozialisten, kurz JN also NPD bekommen. Danach bin ich ein Auserwählter Deutscher, der sich nicht mehr fortpflanzen soll. Das ist eine solche Sauerei und zudem feige bis zum Abwinken, mir ein solches personalisiertes Schreiben zu schicken und selbst zu feige zu sein, mit eigenem Namen zu unterschreiben.“
Und weiter: „Neben dem damit verbundenen Ärger, nehme ich dieses Anschreiben allerdings auch als Anerkennung unserer kirchlichen Arbeit mit Flüchtlingen in der Nachfolge unseres Herrn Jesus Christus.
Und falls es einer dieser verblendeten Deppen liest: ihr kriegt mich nicht klein, das kann ich euch versprechen. Ihr nicht!
Ich stelle dies ein, damit deutlich wird, welches Gewalt- und Hasspotential die NPD hat. Die darf man nicht wählen, hier nicht, in Europa nicht und schon gar nicht aus bloßem Frust. Mein Kampf für Menschlichkeit und Nächstenliebe geht weiter, von Faschisten lasse ich mich nicht beeindrucken. Sowas motiviert mich höchstens.“
Kötter: „Ich bin fassungslos: die NPD-Jugend schickt mir ein Kondom für „Ausländer und ausgewählte Deutsche“. Botschaft: Ich soll mich nicht mehr fortpflanzen, weil meine Politik unser Land gefährde… Eine unfassbar niveaulose Aktion!“
Die Wetterauer Linke-Vorsitzende und Kreistagsabgeordnete Gabi Faulhaber hat ebenfalls das Schreiben bekommen. Sie werde Anzeige erstatten, verkündet sie in einer Pressemitteilung. Die Briefe sollen „offensichtlich einschüchtern und signalisieren: wir wissen, wer du bist und wo du wohnst…“, meint sie.
Die Reaktion auf Facebook auf die Aktion der Neonazis ist eindeutig: Hier eine Auswahl:
„Wann wird diese Truppe endlich verboten, das ist Rassenwahn im Jahre 2014.“
„Die braunen Spacken haben doch echt einen an der Klatsche!!! Würd mal sagen, dass das nach ner passenden Gegenaktion schreit: Kondome für Nazis und sonstige ausländerfeindliche Extremisten.“
„Wie einige schon geschrieben haben, Rouven: Du machst alles richtig & diese braune Brut ärgert sich nen Wolf. Lass dich nicht beirren.“
„ich würde das als kompliment für meine politischen aktivitäten sehen, denn dieser brief zeigt doch, das du nicht so denkst wie diese braune brut.“
„Sehr gute Idee, das öffentlich zu machen. Besser können sich solche Leute selbst nicht bloßstellen.
Das ist nicht mal die Zeit wert, die Behauptungen im Brief mit Argumenten zu widerlegen.“
„Es müßte ein Gesetz geben, welches öffentliche Äußerungen erst ab einem bestimmten IQ zulässt. Dieser Brief hat nichts mehr mit demokratischer Meinungsfreiheit zu tun.“
„Das ist traurig …. mehr kann man dazu nicht sagen.“