Ein ausgezeichnetes Projekt
„Dass gemeinsames Zupacken Großes bewirken kann“, beweist in der Taunusgemeinde Wehrheim das von Anke Wehr und Hannes Akman initiierte Wehrheimer Weidenprojekt. Mit dem Rutenschnitt im Januar und dem Spatenstich Ende März 2013 auf den Weg gebracht, zieht das ungewöhnliche Bauwerk im Bizzenbachtal nicht nur bewundernde Blicke von Spaziergängern und Radlern auf sich, sondern hat sich zu einem beliebten Treffpunkt von Naturfreunden entwickelt. Grund für die Gemeinde, das Ehepaar für sein bürgerliches Engagement zu ehren. Und Anlass für Anke Wehr, Hannes Akman und alle ihre Mitstreiter den „ersten Geburtstag“ des Wehrheimer Weidenprojekts gebührend zu feiern: mit einem Nachmittag für alle Helfer (und Gäste) am Samstag, 19. April, dem „Film zum Projekt“ am Samstag, 27. April, und einem Konzert vor Ort am Sonntag, 11. Mai.
Die Wehrheimer Weidenkuppel
Der Boden Schnee bedeckt, der Himmel voll dunkler Wolken, die Temperatur eisig, dazu ein schneidender Wind – das Wetter war denkbar unfreundlich, als sich im Januar vergangenen Jahres gut zwei Dutzend Männer, Frauen und Kinder an den Ufern des Bizzenbachs trafen, um erstmals an einem ungewöhnlichen Gemeinschaftswerk zu arbeiten: dem Wehrheimer Weidenprojekt. Bislang kannten sie alle davon nur das Modell, mit dem die Initiatoren des Projekts, Anke Wehr und Hannes Akman, für ihre Idee in ihrer Heimatgemeinde geworben hatten. Die Erzieherin und der Schreiner wollten in Eigenregie und mit vereinten Kräften aus den Weidenruten auf einer östlich der Taunusgemeinde gelegenen privaten Wiese eine Kuppel errichten.
Inspiriert dazu hatte die beiden die „Living Architecture“ des Schweizer Architekten Marcel Kalberer. Die Wehrheimer Weidenkuppel allerdings sollte von Anfang an „kein reines Kunstwerk zum Anschauen werden“, so Hannes Akman. Vielmehr sollten alle Bürgerinnen und Bürger unter ihrem Geflecht einen Ort der Ruhe und einen Treffpunkt finden. „Wir können uns vorstellen, dass es unter der Kuppel einmal Lesungen und Konzerte gibt“, sagte Anke Wehr. Längst ist das Gelände rund um die Kuppel ein beliebter Treffpunkt geworden und zu ihrem „Einjährigen“ gibt es nun auch das erste Konzert: Am Sonntag, 11. Mai, 15 Uhr, spielt die Irish Folk Formation „Shadows of the Glen“ vor Ort.
Einzigartiges Bauwerk
Doch zurück in die arbeitsintensive Geschichte des in der Region einzigartigen Bauwerks.
Auch beim ersten Spatenstich am Tag vor Palmsonntag 2013 ist es wieder lausig kalt. Gemeindepädagogin Tabea Knabe hievt mit etlichen Freiwilligen ein Zelt für die Bauleitung auf. Zu den Helfern gehört auch Rita Weinheimer, Mitglied im Bund für Umwelt und Naturschutz. Sie wartet trotz der Unbill des Wetters geduldig auf die Anweisungen von Hannes Akman. 25 Kubikmeter der hölzernen Stangen müssen in Handarbeit für das Grundgerüst zusammen gefügt werden. „Danach erst sind die Zwischenräume an der Reihe“, erklärt er. „Die sechs Meter hohe Kuppel ist erst komplett, wenn auch die acht bogenförmigen Eingänge sichtbar sind.“ Da gilt es den Überblick zu bewahren, sind doch die Helfer keine Profis, die die Arbeit auf dem Bau kennen. Mit schweren Hämmern schlägt eine Gruppe Holzpfähle in den noch gefrorenen Boden. Eine andere wartet auf Anweisungen, wie mit Schablonen Querschnitt und Krümmung der vier Kuppel-Hauptbögen festgelegt werden sollen. Eine dritte knotet mit klammen Fingern Sisalschnüre um die Rutenbündel. Zwei Wochen lang Tag für Tag sind die Helfer ehrenamtlich im Einsatz. Und es werden immer mehr: Beim Anschlämmen zum Richtfest geben sich an die hundert Menschen Eimer und Gießkannen von Hand zu Hand.
Kein bisschen Grün ist da an den Ruten zu erkennen. Doch das ändert sich bald. Reichlich Regen im Mai lässt die Blätter sprießen. Bis auf Körpergröße reicht da bereits das Blattwerk, verdeckt viele der kleinen Holztafeln mit den Namen all der Menschen, die an der Weidenkuppel mitgearbeitet haben. Zwei bis drei Jahre, schätzen Anke Wehr und Hannes Akman, wird es wohl dauern, bis auch der Turm ein dichtes Blattwerk hat. Die Chancen stehen gut: Denn von dem milden Frühlingswetter in diesem Jahr profitiert auch die Weidenkuppel: Sie wird jeden Tag ein bisschen grüner. Und findet immer mehr Unterstützer.
Erstellt mit lebendem Material
Erzieherin Andrea Pfäfflin ist begeistert von dem „Bau, der mit lebenden Materialien erstellt ist und für viele Generationen bleiben kann“. 400 Jungen und Mädchen der Limes-Grundschule stellten dem Projekt den Erlös eines Sponsorenlaufs zur Verfügung. Der Waldkindergarten ist regelmäßig auf dem Areal am Bizzenbach zu finden, Mitglieder von BUND und Nabu packen stets mit an, wenn es etwas zu tun gibt und einheimische Betriebe – vom Bäcker bis zum Elektroinstallateur – tragen ebenfalls ihr Scherflein zu einem Projekt bei, das „wie kaum ein anderes Ereignis in Wehrheim das Gefühl der Gemeinsamkeit der Wehrheimer gestärkt hat. Mit Bewunderung und Erstaunen konnten alle, die auf unterschiedliche Weise am Gelingen beteiligt waren oder auch nur als Beobachter die Entstehung dieses beeindruckenden Bauwerks verfolgten, erfahren, dass gemeinsames Zupacken Großes bewirken kann.“ (Aus der Laudatio zur Ehrung von Anke Wehr und Hannes Akman am 16. März 2014)
Zugepackt wird auch am kommenden Samstag wieder, wenn Freiwillige am Zaun aus Weidengeflecht bauen oder Ruten zu Lehnen für Sitzgelegenheiten flechten. Was sich dazu alle wünschen: „Dass es nicht so verflixt kalt wird wie zu Ostern vor einem Jahr.“
TERMINE:
Samstag, 19. April, 15 Uhr, Stühle-Flechten und Dankeschön-Fest für die Helfer (Gäste willkommen, Grillgut bitte mitbringen)
Sonntag, 27. April, 17 Uhr, Evangelisches Gemeindehaus Wehrheim, Oranienstraße: „Der Film zum Projekt“
Sonntag, 11. Mai, 15 Uhr, Wehrheimer Weidenprojekt, Konzert mit „Shadows of the Glen“; Parkplätze am nahe gelegenen Ernst-Bender-Bad
Stimmen:
„Die Weidenkuppel ist ein großartiges soziales Projekt, in dem viel ehrenamtliches Engagement steckt und das in Zukunft hoffentlich von vielen Gruppen genutzt wird. Wir vom BUND freuen uns besonders, dass wir das Areal für unsere Kinder- und Jugendgruppe, die ‚Bunditen“ nutzen können.“ KATRIN WILLKOMM, VORSITZENDE DES BUND-ORTSVEREINS WEHRHEIM
„Das Wehrheimer Weidenprojekt ist insbesondere für Kinder und Jugendliche ein Beweis dafür, wie mit Aktivitäten durch ehrenamtliches Engagement ein gemeinsames Ziel erreicht werden kann.“ GREGOR SOMMER, BÜRGERMEISTER DER GEMEINDE WEHRHEIM (CDU)
Sowas gibt es auch im Wetteraukreis. Seit mehr als 10 Jahren feiern die Menschen in Steinberg (Gedern) im Sommer Hochzeiten, Taufen und besondere Gottesdienste in ihrer Weidenkirche. Der in Burkhards lebende Naturkünstler Thomas Hofmann hatte die Idee dazu und die Steinberger haben sie mit viel persönlichem Einsatz „erbaut“. Die Weidenkirche ist übrigens nicht nur idyllisch am Ortsrand, mitten in der Natur gelegen und wunderschön, sondern auch die einzige Kirche im Ort,