„Wir wollen Windräder“

Niddataler für regenerative Energie

Von Anton J. SeibWIndrad-als-Symbolbild

Es geht auch anders. In Niddatal protestieren die Kommunalpolitiker gegen die Wind-Pläne des Regionalverbandes – weil in ihrer Stadt kein Windpark gebaut werden darf. Der Protest ist umso erstaunlicher, weil die Kommune von den Windrädern gar nicht direkt profitieren würde. Sie besitzt an den geeigneten Standorten keine Grundstücke.

 

 

 

„Wir wollen Windräder“

Die Wetterau könnte künftig zu einem Zentrum der Windenergie werden. Allein im nördlichen Kreisgebiet sind rund 870 Hektar als sogenannte Vorrangebiete ausgewiesen. Nur in vier Kommunen sollen sich keine Windräder drehen. In Bad Vilbel, Reichelsheim, Wöllstadt und in Niddatal. Angesichts der zu erwartenden Proteste könnten die dortigen Bürgermeister froh sein, nicht dazu zu gehören. Nicht so der Niddataler Rathauschef Bernhard Hertel (SPD). „Wir wollen Windräder“, sagt er und beschwert sich lautstark darüber, dass einstmals auf städtischem Gebiet ausgewiesene Standorte für Windkraftanlagen im jüngst vorgelegten „Sachlichen Teilplan Erneuerbare Energien“ fehlen. Und er weiß bei dieser Forderung die breite Mehrheit des Stadtparlaments hinter sich.

Der Regionalverband hatte noch 2012 große Teile Niddatals als mögliche Vorrangflächen angesehen. Allerdings fallen Flächen nördlich von Kaichen, östlich von Ilbenstadt und ein Teil der Gemarkung Bönstadt in die Drei-Kilometer-Sperrzone rund um das Funkfeuer zwischen Bönstadt und Erbstadt.

Windrad-bei-Woellstadt

Windrad bei Wöllstadt (Foto: Seib)

Zwei Flächen bei Assenheim und Kaichen indes liegen außerhalb. Dort könnten sechs Windräder Energie liefern. Der Standort ist gut geeignet, laut Hertel beträgt die Windgeschwindigkeit dort in 140 Metern Höhe zwischen 5,77 und 5,90 Meter pro Sekunde. Einen Interessenten gibt es, den Projektentwickler Lenpower aus Hannover. Der Regionalverband habe diese Flächen aber mit Blick auf ein sehr hohes Konfliktpotenzial „windkraftempfindlicher Vogelarten“ ebenfalls gestrichen, sagt Hertel. „Mir sind die Gutachten darüber nicht bekannt. Ein Gutachten von Lenpower sieht keine Gefahren für Rotmilane oder Schwarzstörche.“ Deshalb verlangt Hertel, die beiden Areale wieder als Vorrangflächen auszuweisen.

Ans Geld verdienen denkt Hertel dabei nicht, denn die Stadt hat keine Grundstücke in den geeigneten Gebieten. „Es liegt in unser aller Verantwortung, etwas für den Klimaschutz zu tun und erneuerbare Energien zu fördern“, so der Kommunalpolitiker. Die Stadt habe sich zum Ziel gesetzt, soviel Energie aus erneuerbaren Energien zu produzieren, wie ihre Bürger verbrauchen. Momentan gebe es viele Photovoltaikanlagen, außerdem die große Biogasanlage in Ilbenstadt. Das ehrgeizige Ziel sei zwar noch nicht erreicht, man könne dem aber durch die Nutzung der Windkraft nahekommen, glaubt der Rathauschef.

Großen Protest gegen die bis zu 200 Meter hohen Turbinen fürchtet Hertel nicht. Das Thema sei vor Jahren schon diskutiert worden. Hertel: „Da gab es keinen großen Sturm der Entrüstung.“ Allerdings hatten die Bewohner von Wickstadt damals mit ihrem Widerstand verhindert, dass ihnen ein Windpark vor die Nase gesetzt wird.

Auch im Stadtparlament herrscht Einigkeit pro Windkraft, über die Parteigrenzen hinweg. Es gibt sogar einen einstimmigen Beschluss. CDU-Fraktionschef Michael Hahn sieht es pragmatisch. „Nur der Misthaufen, den man sieht, stinkt, die anderen nicht“, so seine Einschätzung. Und die möglichen sechs Windräder könnten weitab in der Gemarkung Kaichen Richtung Düdelsheimer Wald gebaut werden, ohne große Eingriffe in die Natur. Hahn: „Von Kaichen aus würde man die nicht sehen.“

Auch Dieter Eisenberg, Fraktionsvorsitzender der Grünen, erwartet keine Proteste, sollte tatsächlich noch Windräder auf städtischem Gebiet gebaut werden können. Als vor einigen Jahren direkt vor der Stadtgrenze die drei Anlagen bei Bruchenbrücken errichtet worden seien, habe es keinen Widerstand gegeben. Ob allerdings Niddatal durch die Nutzung des Windes energie-autark werden kann, bezweifelt der Grünen-Politiker. Das halte ich bei unseren Voraussetzungen für nicht machbar.“

Derzeit liegt der umstrittene Teilplan in allen Kommunen zur Einsicht aus. Jeder Bürger, natürlich auch die Kommunen, können Stellungnahmen abgeben. Niddatal wird beantragen, die Fläche bei Kaichen wieder aufzunehmen. „Die kommen rein. Da habe ich keine Bedenken“, sagt CDU-Politiker Hahn.

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