ÖPNV stagniert – Wetterauer Nahverkehrsplan wird fortgeschrieben
Von Bruno Rieb
Busse und Bahnen in der Wetterau dürfen den Kreis nicht mehr Geld kosten, das ist die politische Vorgabe für den neuen Nahverkerhsplan für den Wetteraukreis. Weil die Kosten steigen, werden weniger Busse fahren. Sie sollen durch Sammeltaxen ersetzt werde3n.
Die Lobbyisten für Bus und Bahn sind verärgert. Der neue Nahverkehrsplan für Vogelsberg und Wetterau wird bestenfalls den Status quo erhalten. Geld für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs wird nicht lockergemacht. Der Busverkehr wird ausgebremst. Stefan Klöppel, Leiter von ZOV Verkehr, spricht vom „Gebot der Wirtschaftlichkeit“. „Zur Rettung des Standortes der kleinen Gemeinden brauchen wir mehr Geld“, fordert dagegen Jürgen Priem, Sprecher des Fahrgastbeirates Wetterau.
Rüdiger Maas, Kreistagsabgeordneter der Grünen aus Nidda, spricht in einer Pressemitteilung von einem „Sparplan auf Kosten des ÖPNV“. Vom ersten Tag der Planung an sei das Motto gewesen „mehr Geld gibt es nicht“, beklagt Christoph Winterberg, Vorsitzender des Kreisverbandes Wetterau/Vogelsberg des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Es sei nicht abzusehen, wann das Finanzierungsproblem für Bus und Bahn gelöst werde. Die Finanzierung sei vom Bund auf die Länder verlagert worden, die würden jedoch nicht mehr Geld für Bus und Bahn zur Verfügung stellen. Der Schwarze Peter liege nun bei den Kreisen und Städten.
Problem Schülerverkehr
Probleme bereitet auch der Schülerverkehr. Seit die Gymnasien zwischen acht- oder neunjähriger Schulzeit wählen können, haben sich die Schülerströme verändert. Zwischen Büdingen und der Gesamtschule Konradsdorf fahren inzwischen Eltern ihre Kinder zur Schule, weil der Busverkehr nicht funktioniert. Winterberg: „So bleibt es den Schülern und Eltern in Büdingen und in vielen anderen Orten nur noch auf den Klimaschutz zu pfeifen und das eigene Auto zum Taxi umzufunktionieren.“
Ein Bus wird kommen, irgenwann – vielleicht. Foto: Rieb
Es werde erwartet, dass die ohnehin hohen Eigenleistungen des Kreises für den ÖPNV nicht noch höher werden, beschreibt Matthias Flor, persönlicher Referent von Landrat Joachim Arnold (SPD) die politischen Vorgaben für die Nahverkehrsplanungen. Bei steigenden Preisen für Busverkehre könne das auch zu Einsparungen führen. Bei der Schülerbeförderung sei das Land in der Pflicht, weil durch die Wahlfreiheit zwischen acht- und neunjähriger Gymnasialzeit für die Schülerbeförderung „riesige Summen auf uns zukommen“.
Bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes für die Landkreise Wetterau, Vogelsberg und Gießen würden keine neuen Akzente gesetzt, sagt ZOV-Verkehrsplaner Klöppel. Das liege zum einen an den großen Finanzierungsschwierigkeiten, zum andern seien die Verträge mit den Busunternehmen für acht bis zehn Jahre abgeschlossen, liefen also noch. Der Verkehrsplan war zuletzt 2009 überarbeitet worden. Neu ist allerdings, dass der Verkehrsplan diesmal mit der Stadt Gießen abgestimmt wird, was zu Verbesserungen führen könnte.
Sorgen bereiten den Planern die sogenannten „Tagesrandlagen“, wenn nur zwei oder drei Fahrgästen in den Bussen sitzen. In solchen Fällen sollen Sammeltaxen oder Anrufsammeltaxen eingesetzt werden. Solche Taxen dürften allenfalls abends oder am Wochenende fahren, sagt Priem. Tagsüber würden Fahrgäste abschreckt, weil der Aufwand zu groß sei. Sie müssen die Anruftaxen erst bestellen. Im Vogelsberg würden die Taxen auch tagsüber fahren, sagt Klöppel. In der dichter besiedelten Wetterau nicht. Die Meinungen über diese Taxen gingen auseinander. Den einen sei der Aufwand zu groß, andere würden sich freuen, weil sie damit oft schneller am Ziel seien.
Alternative: Buszüge
Im Schülerverkehr sind die Busse am stärksten ausgelastet, da sind große Busse nötig. Für die fahrgastschwächeren Zeiten kleinere Busse anzuschaffen ist laut Priem nicht wirtschaftlich, weil die Investitionen dafür zu hoch wären. Interessant seine eventuell sogenannte „Buszüge“, Busse in die bei bedarf Anhänger angekoppelt werden, meint Priem. Das Altenstädter Busunternehmen ist laut Priem an einem Modellversuch im Main-Kinzig-Kreis mit diesen „Buszügen“ beteiligt. Der Sprecher des Fahrgastbeirates empfiehlt, dieses Modell auch für den Wetteraukreis zu überprüfen. Der Versuch im Main-Kinzig-Kreis werde beobachtet, sagt Klöppel. Allerdings seien auch für diese Buszüge die Investitionen hoch, da dafür die Bushaltestellen verlängert werden müssten.
Grünen-Politiker Maas befürchtet längere Fußwege für die Schüler, der im neuen Nahverkehrsplan nur noch von zwei An- und Abfahrten pro Schulstandort die Rede sei und nicht mehr pro Schule. Der Bus werde also irgendwo im Ort halten, statt die Schule anzufahren, befürchtet er. Klöppel beteuert hingegen, dass nach wie vor die Schulen angefahren werden sollen.
Bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplans ist laut Klöppel die zweite Anhörungsrunde abgeschlossen. Nun würden Änderungen eingearbeitet. Danach gehe der Plan in die Beratung in den ZOV-Gremien. Voraussichtlich Mitte Dezember soll der fortgeschriebene Nahverkehrsplan von der ZOV-Verbandsversammlung beschlossen werden.