Köstliches vom schwarzen Kontinent
Zu einer kulinarischen Reise durch 30 Länder von Algerien über Tansania bis Simbabwe laden Ghirmay Habton und Holger Hentschel mit ihrem Buch „Kochen und Essen wie in Afrika“ ein. Im November präsentieren sie gemeinsam mit ihrem Verleger Volkhard Brandes die von ihnen zusammengestellten und illustrierten Rezepte von Einwanderern in zwei Veranstaltungen im mittelhessischen Lich und in Frankfurt.
Kochen wie in Afrika
In Lich hat die „Savanne“ schon seit vielen Jahren Kult(ur)status. Auch wenn das Restaurant nicht mehr direkt neben dem Kino Traumstern, sondern seit Dezember 2012 in der Schlossgasse 8 zu finden ist, ist es Treffpunkt für Freunde der afrikanischen Küche (und Kultur) und alle, die es noch werden wollen.
Ob die Linsensuppe mit Feigen, Zigni Dorho, gekochtes Hühnchen mit Eiern und Tomaten oder das Fladenbrot Injera: Die Speisen werden von Ghirmay Habton oder seiner Frau Yordanos frisch zubereitet. Doch fast ein Jahrzehnt widmet sich Habton nicht nur dem Kochen am eigenen Herd, sondern auch dem Projekt, ein Buch über die hierzulande zumeist noch wenig bekannte Küche des Kontinents Afrika herauszugeben.
Nun liegt es vor. Es trägt den Titel „Kochen und Essen wie in Afrika“ – und versammelt auf 168 Seiten im Großformat mit zahlreichen Fotos Rezepte der Einwanderer von Marokko bis Südafrika. Und es ist mehr als ein Kochbuch geworden. Denn neben den Rezepten, den Hintergrundgeschichten zu einzelnen Produkten oder zur Zubereitung lernt man auch Menschen kennen, die sich in ihrem neuen Zuhause in Deutschland mit dem Essen aus ihren Herkunftsländern ein Stück Heimat und Identität bewahren. „Mit dem Buch wollen wir einen Beitrag zu einer Weiterentwicklung einer multikulturellen Gesellschaft leisten“, schreiben die Buch-Macher Ghirmay Habton als Herausgeber, Holger Hentschel, der die Rezepte notiert und fotografiert hat, und ihr Verleger Volkhard Brandes (Mitarbeit).
Ghirmay Habton und sein Traum von einem ungewöhnlichen Projekt
Viele Stunden, Tage und Wochen Arbeit hat der gebürtige Eritreer Ghirmay Habton, der 1980 nach Deutschland floh und nach Stationen in Göttingen und Frankfurt seit 2006 das Restaurant und Kulturzentrum „Savanne“ betreibt in sein Projekt investiert. Tatkräftige Unterstützung erhielt er dabei von einem Gast seines Lokals: dem im thüringischen Altenburg geborenen Planungsingenieur Holger Hentschel. Hentschel, Jahrgang 1959, bereist seit 20 Jahren Afrika und berichtet in Lichtbildvorträgen über Land und Leute. Von seinem Anliegen konnte das Duo schließlich den Frankfurter Volkhard Brandes überzeugen, dessen Verlag Brandes & Apsel in seinem Programm einen Afrika-Schwerpunkt hat. Insbesondere aber als „Autoren“ Einwanderer aus dem Senegal, aus Äthiopien oder Kenia. Sie füllten Töpfe, Teller, Tiegel mit ihren persönlichen Lieblingsgerichten ihrer Herkunftsländer.
Kaninchen aus dem Tschad, Fisch aus Kamerun
Sara Omer kam 1996 zum Studium nach Deutschland. Zuvor hatte die in Khartum im Sudan geborene junge Frau bereits Jura in ihrer Heimatstadt studiert, eine Ausbildung als Technische Assistentin in Bagdad (Irak) abgeschlossen und in einem Krankenhaus in Saudi-Arabien gearbeitet. Heute ist sie Zahnärztin mit eigener Praxis in Lünen bei Dortmund. Auch wenn sie „längst deutsches Essen liebt“, bereitet sie weiter ebenso gerne Aseeda be Mullah Nämia (dicken Grieß mit Hackfleischsoße), Köfte (Hackfleischfrikadellen auf Sudanesisch) und Hilo Mur, einen bittersüßen Saft, zu. Wie verrät sie in „Kochen und Essen wie in Afrika“.
Gaba Amos Akimos, Jahrgang 1949, Medizintechniker mit Wurzeln im Tschad, steuert unter anderem das Rezept für Dogh Dohg Doum, Kaninchen im Backofen, bei, Caliste Ebenye-Stula aus Kamerun, ehemalige Restaurantbesitzerin in Frankfurt und Initiatorin des Offenbacher Vereins Mboto Afrika (Wurzel Afrika), verrät das Geheimnis von Maniok mit Fisch und Soße aus Palmfruchtmus. Fisch, Fleisch, vegetarische Speisen, Suppen und Desserts – sie alle sind vertreten.
Auf der Suche nach Kumin und Mufussa
Der kulinarischen Reise von Nord nach Süd lässt sich leicht folgen, sind doch die Länder den Kapiteln Nord-, West-, Ost- und Zentralafrika sowie Südafrika in einer Übersichtskarte des Kontinents vorangestellt. Nicht so leicht dürfte die ein oder andere Zutat zu besorgen sein. Denn auch wenn es Gewürze wie Kumin, Süßkartoffeln oder eingelegte Piri-Piri mittlerweile im Supermarkt gibt und sich die überwiegenden Produkte mit einiger Geduld auch in Eine-Welt-Läden oder Öko-Märkten entdecken lassen: Mufussa, getrocknete Bohnenblätter, oder Bitekuteku, eine Kulturpflanze aus der Amaranthus-Familie, wird man nur in Spezialläden wie dem Kaneshie African Shop im Frankfurter Bahnhofsviertel finden.
Der Geschmack als wichtigstes Auswahlkriterium
Ob der Kokoskuchen aus Sansibar, das Ziegengulasch aus Tansania oder der marokkanische Couscous: Alle Gerichte entstanden nicht im Kochstudio, werden nicht auf gut ausgeleuchtetem Porzellan präsentiert und sind in Portionen zu sehen, von denen man denkt, dass sie satt machen. Und alle Gerichte mussten vor den kritischen Testern bestehen. „Da der Geschmack das wichtigste Auswahlkriterium für oder gegen die Aufnahme eines Rezeptes in dieses Buch war, erlebten wir das anschließende Verspeisen der von den eingeladenen Afrikanerinnen und Afrikanern zubereiteten Gericht als den größten und angenehmsten Vorteil dieses Vorgehens“, schreiben Holger Hentschel und Ghirmay Habton im Vorwort zu ihrem Buch.
Auch wenn die Speisen für „jeden nachkochbar“ sein sollen, absolute Küchenneulinge sollten nicht gerade mit einem selbst hergestellten Couscous beginnen. Denn das von Nordafrika bis zur Sahara verbreitete Gericht aus Gries als Basis (wahlweise mit Fleisch oder Fisch, aber immer mit Gemüse serviert) braucht viel Zeit, Geduld und Fingerfertigkeit. Auch das Fladenbrot Injera, das in Äthiopien und Eritrea als Ersatz für Messer und Gabel verwendet wird, erfordert reichlich Übung, damit es hauchdünn wird und beim Braten ohne Fett nicht anbrennt.
Ohne Zweifel: „Kochen und Essen wie in Afrika“ macht Lust, die kulinarische Vielfalt des Kontinents durch die Küchen seiner Menschen, authentisch und mit einer ganz persönlichen Note versehen, kennenzulernen – und Freunde damit zu bewirten. Ein Wermutstropfen: Bei den ausgewählten Fotos isst das Auge nicht immer genussvoll mit.
„Kochen und Essen wie in Afrika – Rezepte der Einwanderer von Marokko bis Südafrika“, Herausgegeben von Ghirmay Habton, notiert und fotografiert von Holger Hentschel, Verlag Brandes & Apsel 2014, 168 Seiten, 19,90 Euro
Zur Buchvorstellung am: Samstag, 15. Januar, ab Uhr, im Restaurant Savanne, Schlossgasse 8, in Lich berichten Autoren, Herausgeber und Verleger von der Entstehung des Kochbuchs. Bei freiem Eintritt gibt es afrikanische Snacks und Getränke sowie traditionelle afrikanische Musik von der Gruppe „Ganouma“ aus Frankfurt.
Der Termin in Frankfurt ist am Samstag, 8. November, ebenfalls ab 18 Uhr, in der Weißfrauendiakonie-Kirche, Weserstraße 1/Ecke Gutleutstraße (Bahnhofsviertel)