Gegen die digitale Überwachungsmacht

Polizei will Body Cams einsetzen

von Anton J. Seib bodycam

Hessens Polizisten sollen demnächst mit Actioncameras auf Streife gehen. Die Camcorder werden am Körper befestigt und sollen vorwiegend in Brennpunkten eingesetzt werden. Dazu zählen auch Demonstrationen. SPD, CDU und Grüne begrüßen den Einsatz der Kameras. Doch es gibt auch Kritik. „Nach dem Hessischen Datenschutzgesetz muss es für den Einsatz von solchen Body Cams ein Verfahrensverzeichnis geben, das die Hessische Polizei entweder noch gar nicht erstellt hat, oder geheimniskrämerisch zu veröffentlichen nicht bereit ist“, kritisiert die Initiative „Die Datenschützer Rhein Main“. Ihr Vorwurf: Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Gegen die digitale Überwachungsmacht

Die Körper-Kamera ist eine Videokamera im Miniformat ähnlich einer Action Cam, die am Körper getragen wird. Der Einsatz der Body Cams wurde bislang in Pilotprojekten in Frankfurt, Offenbach und Wiesbaden getestet. Die Pilotprojekte seien „ein voller Erfolg“ gewesen. Die Videoaufzeichnung mache den Einsatz der Polizisten sicherer, wenn sie Personen kontrollieren oder Streit schlichten müssen, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) am Mittwoch in Wiesbaden. Künftig sollen in Hessen 72 solcher Kameras „an Brennpunkten“ eingesetzt, so Beuth.

Hessisches Modell

Beuth: „Ich bin sehr froh darüber, dass sich das hessische Modell Body Cam als geeignetes präventives Einsatzmittel zum Schutz der Polizistinnen und Polizisten vor gewalttätigen Übergriffen erwiesen hat. Das Tragen der Schulterkameras schreckt bei Kontrollen in Brennpunktbereichen potenzielle Aggressoren ab und trägt zu einer Deeskalation der Kontrollsituation bei.“ Und weiter: „Ich habe das Landespolizeipräsidium daher gebeten, in Abstimmung mit dem Hessischen Datenschutzbeauftragten die Rahmenbedingungen zu entwickeln, die für eine konzeptionelle Verwendung des Einsatzmittels Body-Cam in allen Brennpunktgebieten in Hessen und anlässlich von öffentlichen Veranstaltungen wie zum Beispiel der „Dippemess“ in Frankfurt erforderlich sind.“

Für „Die Datenschützer“ geht der Einsatz dieser Kameras zu weit. „Wir erinnern an die Diskussionen um die Erweiterung von zahlreichen gesetzlichen Eingriffsbefugnissen im Rahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung. Diese wurden immer mit der Verfolgung von schweren Verbrechen – Terrorismus, organisierte Kriminalität, Sexualstraftaten – begründet. Nunmehr sollen bloße Beleidigungstatbestände mit der ganzen Gewalt der digitalen Überwachungsmacht bekämpft werden. „Hier überschreitet die Diskussion bereits eine Grenze, die nie ihren Niederschlag in Hessischen Gesetzen finden darf“, heißt es in einer Mitteilung der Datenschützer.

Die Initiative fordert zudem ein Auskunftsrecht der Bürger. „Ist ein Bürger aufgenommen worden, sollte er hierüber unbürokratisch auf sein Ersuchen hin informiert werden. Gerade bei Videodaten stößt das aber regelmäßig auf ein Problem: Aufgenommen sind auch andere nicht beteiligte Bürger. Diese müssen wirksam unkenntlich gemacht werden. Diese Technische Nacharbeit darf nicht dazu führen, dass das Auskunftsrecht behindert oder gar verhindert wird. Der Herr Innenminister hat es versäumt, darzustellen, wie er genau diese Gewährleistung umzusetzen gedenkt“ kritisiert ein Sprecher der Datenschutz-Initiative.

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