Die letzten beiden Lebensjahre Weidigs
Friedberg, die Kerkerstadt. Anders als Butzbach und Gießen spielt die Wetterau-Metropole in der Geschichte des Vormärz eine eher unrühmliche Rolle. Im Gefängnis in Friedberg begann das Martyrium des Landbote-Autors Weidig. Eine demokratische Tradition hat Friedberg aber auch. Der Friedberger Apotheker Theodor Trapp gehörte zu den Mitkämpfern Weidigs. Mit einer Artikelserie ist der Wetterauer Landbote auf den Spuren des Hessischen Landboten und seiner Verfasser. Heute geht es um die letzten beiden Lebensjahre Weidigs. (siehe auch die Außenspalte).
Man stirbt für seine Sache – aber nicht so
Verrat, Gefängnis, Folter, Verzweiflung, Tod – so sahen die letzten beiden Lebensjahre des charismatischen Freiheitskämpfers Friedrich Ludwig Weidig aus. Seinem Landbote-Koautor Büchner war die Flucht nach Straßburg gelungen. „Ein Todesurteil, ein Schafott, was ist das? Man stirbt für seine Sache. Aber so im Gefängnis auf eine langsame Weise aufgerieben zu werden! … Ich wäre in so einem Loch verrückt geworden“, schrieb Büchner aus dem Exil an seine Eltern.
Weidig war aus Obergleen ins Gefängnis in Friedberg verschleppt worden. Eine Ironie der Geschichte: Die ehemalige Handelsniederlassung des Klosters Arnsburg wurde zum Kerker des streitbaren Theologen. Das Gebäude in der Kleinen Klostergasse 16 war um 1285 als Faktorei des Klosters Arnsburg errichtet worden. Nachdem das Kloster 1803 aufgelöst worden war, wurde die Faktorei Kaserne. Nach dem Frankfurter Wachensturm, einem Aufstandversuch im Juni 1833, wurden in der Kaserne eilig 16 Zellen eingerichtet.
Verrat, Gefängnis, Folter, Tod
Vor Weidig war hier schon Theodor Trapp eingekerkert gewesen. Der Friedberger Apotheker, Spross einer angesehenen Familie, war ein Freund und Kampfgefährte Weidigs. Die in der einstigen Faktorei Eingekerkerten nannten sich ironisch „Klosterbrüder“. Noch bevor Weidig hier einsaß, gab es einen Plan, die Gefangenen zu befreien. Die Wachen waren bestochen worden. Doch der Befreiungsversuch wurde verraten.
In Butzbach war ein emsiger Spitzel am Werke: Johann Konrad Kuhl, ein Schulfreund Weidigs. Kuhl stammte aus einer vermögenden Familie, war aber durch Verschwendung und seine Trunksucht heruntergekommen. Er verdiente sich Geld damit, dass er alles an die Justiz verriet, was er über Weidig und seine Freunde erfahren konnte.
Einige Jahre nach dem Tod Weidigs strengte Kuhl übrigens eine Privatklage gegen Staatsminister du Thil an und verlangte eine Nachzahlung rückständiger Bezüge und eine Anstellung im Staatsdienst mit hohem Gehalt. Die sei ihm versprochen worden.
Verräter und Schurken
Kuhls Verrat lieferte Weidig einem noch bösartigeren Schurken aus: Untersuchungsrichter Konrad Georgi. Der war wie Kuhl der Trunksucht verfallen und völlig skrupellos. Er folterte seine Gefangenen. Bett und Stuhl wurde ihnen entzogen, sie bekamen nur noch Brot und Wasser, wurden in Dunkelzellen gesperrrt. Es gab Ketten zum Krummschließen und eiserne Sprengen, um Hand- und Fußgelenke auseinander zu halten. Die Gefangenen wurden mit dem Ochsenziemer geschlagen, einer Schlagwaffe, die schwere Verletzungen verursachte.
Weidig war noch 1835 nach Darmstadt verlegt worden. Am 23. Februar 1837 wurde er um 7.30 Uhr blutüberströmt auf seiner Pritsche gefunden. In seinem Hals klaffte eine breite Schnittwunde. „Da mir der Feind jede Rechtfertigung versagt, so wähle ich einen schimpflichen Tod aus freien Stücken“, stand mit seinem Blut an die Wand geschrieben. Dass es Selbstmord war, wird jedoch bezweifelt. 150 Jahre später, 1975, untersuchten Heidelberger Rechtsmediziner den Fall. Sie kamen zu dem Schluss, dass zumindest unterlassene Hilfeleistung vorlag. Weidig hatte zweieinhalb Stunden in seinem Blut gelegen und mit dem Tode gerungen, ohne dass ihm geholfen worden war. Weidig wurde nur 46 Jahre alt.
Keine Pflege, kein Zuspruch
Theodor Trapp starb am 30. Januar 1838 im Arresthaus in Gießen. Er war 44 Jahre alt. Obwohl er schwer erkrankt war, wurde ihm nicht geholfen. „Keine Pflege, kein freundlicher Zuspruch wurden dem Kranken zuteil. Rastlos und voller Angst trieb er sich in seinem Gefängnis umher, aus dem ihn endlich der Tod befreite“, hieß es in dem 1845 erschienen Buch „Geheime Inquisition, Censur und Kabinettsjustiz“.
Weidigs und Trapps Peiniger, der Trunkenbold Georgi, wurde 1841 als Kandidat für den Landtag im Bezirk Groß-Karben – Vilbel aufgestellt, und er wurde gewählt.
Weidig und Trapp waren nicht umsonst gestorben. Ihr Tod enthüllte die Willkür und Grausamkeit der Reaktion. Vor allem „Der Fall Weidig“ erregte großes Aufsehen in ganz Deutschland.
Ausgezeichnet, eure Idee, kann sie doch zum Beispiel in Bad Vilbel dazu beitragen, dass Leser des „Amtlichen Organs“ Vilbeler Anzeiger künftig stärker differenzieren, dass es sich dabei eben nicht um eine Zeitung sondern um ein kostenloses anzeigenfinanziertes Blatt handelt, das im Kleid einer Zeitung daherkommt, mit Meinung aber leider ganz anders umgeht.
Alleine das kritische Betätigigungsfeld in Bad Vilbel ist enorm, der Wunsch nach gutem kritischem Journalismus groß. Packt es an. Wir freuen uns auf eure Beiträge.