Journalisten auf den Spuren der Flugschrift
Vor 180 Jahren brachte Georg Büchner den Hessischen Landboten von Butzbach zum Druck nach Offenbach. Nun kehrt der Landbote zurück: Am 4. Oktober holen ihn Journalisten symbolisch mit einer Radtour von Offenbach nach Butzbach. Vorträge und Führungen in Offenbach, Friedberg und Butzbach auf den Spuren des Landboten und seiner Protagonisten werden angeboten. Und: Eine Internetzeitung in der Tradition des Hessischen Landboten entsteht.
Der Landbote kehrt zurück
Der politische Journalismus in Hessen erlebte im Sommer des Jahres 1834 einen Höhenflug. Der Gießener Student Georg Büchner verfasste gemeinsam mit dem Butzbacher Rektor Friedrich Ludwig Weidig den Hessischen Landboten. Die revolutionäre Flugschrift verglich die Situation der Armen mit der der Reichen: „Das Leben der Vornehmen ist ein langer Sonntag: Sie wohnen in schönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider, sie haben feiste Gesichter und reden eine eigene Sprache; das Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. Der Bauer geht hinter dem Pflug, der aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und lässt ihm die Stoppeln. Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des Vornehmen.“
„Friede den Hütten! Krieg den Palästen“
Kurz und klar ist der Inhalt des Landboten in der Überschrift zusammengefasst: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ Eine Parole, die wirkt, so lange es Arm und Reich gibt. Die damals Herrschenden erkannten, wie gefährlich die Flugschrift für sie war, und verfolgten deren Verfasser erbarmungslos. Weidig wurde eingekerkert und nahm sich 1837 das Leben, Büchner flüchtete nach Straßburg.
Der neue Landbote
An den engagierten Journalismus, wie er im Hessischen Landboten betrieben wurde,
will eine Gruppe Journalistinnen und Journalisten mit einer Internetzeitung anknüpfen. Am 4. Oktober 2014 bringen sie den Landboten symbolisch von Offenbach zurück in die Wetterau. Sie wollen durch die Aktion Leser, Unterstützer und Mitarbeiter gewinnen, um eine sozialkritische Internetzeitung für das Rhein-Main-Gebiet zu schaffen. „Was zu Büchners und Weidigs Zeiten die Zensur leistete, schaffen heute die Arbeitsbedingungen in den Redaktionen der gedruckten Zeitungen“, meinen die Landbote-Macher. Die Redaktionen werden so ausgedünnt, dass keine Zeit mehr für Recherche bleibt. Pressemitteilungen wandern aus Zeitnot ins Blatt. „Die Meinungen werden heute von Firmen und Behörden gemacht, die das Geld haben, um sich gut funktionierende Pressestellen zu leisten“, erklärt das Landbote-Team.
Beim Landbote-Aktionstag am 4. Oktober 2014 wird mit einer Radtour von Offenbach nach Butzbach und Führungen in Offenbach, Friedberg und Butzbach an den Hessischen Landboten und seine Protagonisten erinnert. Zum Abschluss ist in Butzbach eine Diskussion über das Internet-Projekt Landbote.
Das Programm des Landbote-Tages:
10 Uhr Offenbach am Haus der Geschichte, Herrnstraße 61. Klaus Kroner, ein Landbote-Experte aus Bad Vilbel, geht der Frage nach, ob der Hessische Landbote wirklich in Offenbach gedruckt wurde. Anschließend startet die Radtour nach Butzbach.
14 Uhr Friedberg, Bahnhof. Führung zu dem Haus, in dem Friedrich Ludwig Weidig, eingekerkert war, und zum früheren Standort der Mohren-Apotheke (Kaiserstraße 40 /Ecke Apothekergasse, heute die Apotheke Kaiserstr.104). Damals wurde die Apotheke von Theodor Trapp betrieben, ein revolutionärer Demokrat und Freund Weidigs.
17 Uhr Butzbach, Färbgasse 16. Museumsleiter und Weidig-Experte Dieter Wolf führt auf den Spuren Weidigs.
18 Uhr Diskussion über die Chancen einer Internet-Zeitung in der Tradition des Hessischen Landboten (Ort und Referent werden noch bekannt gegeben).
In einer Artikel-Serie im Wetterauer Landboten wird es um die Bedeutung des Hessischen Landboten heute, Büchner und Weidig, den Strafversetzten Weidig in Obergleen und um das Projekt Internetzeitung für das Rhein-Main-Gebiet gehen.
Wer an der Radtour und/oder den Führungen sowie der abschließenden Diskussion teilnehmen möchte, kann sich unter info@wetterauer-landbote.de anmelden. Unangemeldete Teilnehmer sind auch willkommen.