Martin Schnur – der Mann mit dem Werreraa-Blues

Martin Schnur on Stage: Auch das Wammertal ist einen Blues wert.

Martin Schnur on Stage.

Nur wenige schaffen es, bis 65 und noch länger kreativ und verspielt zu bleiben.  Martin Schnur hat diese Gabe. Dem 1948 geborenen Liedermacher, Bastler und Autor fallen immer noch Dinge ein, auf die kein anderer je verfallen ist.

Zum Beispiel der „Fleeschter Pflasterstein-Blues“. Als Solo mit Gitarre sang ihn Schnur am 6. September als Dank für die Verleihung des Wetterauer Kulturpreises im urtümlichen  Saalbau Lux zu Florstadt, wo einst die Pflasterer wohnten:

Der Mundart-Barde jammte auch mit Clapton

„Midde inde Werreraa, midde im Hesseland –

da leit Florstadt, aach als Fleescht bekannt.

De Leit sein mobil, ob se misse oder wolle-

Iwwerall wird gebaut – mer braacht die Straße mehr wie frieher

Pflasterer – das war Knochearbeit und kein cooler Job-

Ville Joor sind vergange, heut werd sich net mehr so geschunne“

 

Witziges in Wetterauer Mundart war im proppenvollen Saal viel zu hören. Kein Wunder, denn wegen seiner Verdienste um dieses Idiom hat Schnur den Preis bekommen, bekannte der Florstädter Bürgermeister Herbert Unger. Dafür lieben die Alteingesessenen den Sohn von Pfarrer Schnur aus Griedel. Er hat übrigens die Wetterau zum „Wammertal“ erklärt.: „Wammer hey so schwätzt wie mer schwätzt – dann ist recht.“ Das lässt sich auch singen.

„Der hat Soul“, meinte  Friedbergs Bürgermeister Michael Keller und versprach dem Publikum einen Auftritt von Martin Schnur und Band kurz vor Weihnachten zur Eröffnung des Elvis Presley-Platzes im Zentrum Friedbergs. Natürlich mit wetterauerischen Texten.

Dabei kann Schnur noch viel mehr. Er sammelt alles, was seine Phantasie anregt und formt es neu. In den Achtzigerjahren lud er zu einer Klodeckel-Ausstellung in seine Friedberger Wohnung: Da wurde die Brille zum Guckloch in neue Welten, aber auch zum Angst erregenden Rahmen für ein Sägeblatt. Für das längst entschlafene Alternativblättchen „Tauwetter“ dichtete Martin Schnur eine Hymne an die „Wolkenfabrik“ – in Wirklichkeit war es ein Braunkohlekraftwerk in Wölfersheim.

Martin Schnur – der Mann mit dem Werreraa-Blues

Die breit gestreute Produktion solchen Kulturguts ermöglichte dem Vater einer Tochter keine bürgerliche Existenz, räumte Landrat Joachim Arnold ein. Auch im Rentenalter kann Martin Schnur noch jeden selbst verdienten Euro gut brauchen. Das scheint ihn nicht wirklich zu schmerzen. Sein Lebenskapital ist neben der spannenden Gegenwart als Musiker in vielen Bands die Erinnerung an die kurze, aber heftige Karriere als Radio-Musiker in den USA. An das Engagement auf einem Kreuzfahrtschiff, an die nächtliche Jam-Session mit Eric Clapton in einem Mannheimer Hotel. Laudator und Mit-Musiker Jürgen Wagner nannte etliche solcher Episoden.

Das viele Lob haue ihn schon von den Socken, bekannte Martin Schnur. Das sei alles „maßlos übertrieben. Aber irgendwas ist schon dran.“ Ürigens: „Musiker und Politik haben viele Gemeinsamkeiten“, sagte Schnur auf der Bühne. „Für beide gibt es tausend Möglichkeiten, grandios zu scheitern.“ Und: „Musiker und Politiker halten sich gerne da auf, wo Mikrofone sind. Man sieht sie eher in der Zeitung als bei der Gartenarbeit.“

Mehr über den neuen Kulturpreisträger auf

martin-schnur.de

schnurstrax.de

Martin Schnur singt den Fleeschter Pflasterstein-Blues

Martin Schnur singt den Fleeschter Pflasterstein-Blues

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