Ein Wochenende zur Geschichte der Taunus-Glasproduktion im Hessenpark
Von Corinna Willführ
„Glas, wie leicht bricht das“, ist eine Alltagsweisheit. Die Geschichte des wahrlich nur behutsam zu behandelten Werkstoffs ist in der Region eher mit dem Spessart verbunden als mit dem Taunus. Wäre da nicht die Gemeinde Glashütten, deren Name an die Tradition des schweißtreibenden Handwerks erinnert (soll er sich doch auf die Existenz von sieben sogenannten Waldglashütten gründen) und die Ausstellung „Waldglashütten im Taunus“ im Hessenpark bei Neu-Anspach.
Glasproduktion im Taunus
Im Jubiläumsjahr des Freilichtmuseums bei Neu-Anspach lädt dieses für das Wochenende unter dem Motto „Faszination Glas“ ein, sich im Haus Gemünden/Wohra auf dem Marktplatz die Sonderausstellung „Lichtblick Glas“ anzuschauen und erstmals oder wieder die Dauerausstellung „Waldglashütten“ zu besuchen. Sie dokumentiert über 250 Jahre Glasmacherkunst im Taunus von der Mitte des 15.Jahrhunderts bis etwa 1700 – nicht zuletzt mit der Rekonstruktion eines Hauptschmelzofens. In ihm wurden die Glas-Grundstoffe Sand, Kiesel, Quarz (Silikate) mit Alkalien (Soda oder im Taunus hauptsächlich Holzasche) vermischt, bis sie sich bei rund 1300 Grad zu einer transparenten Masse verflüssigten. Um sie weiterzuverarbeiten, musste diese auf 600 bis 900 Grad abgekühlt werden. „Das langsame Abkühlen der Glaswaren ist dabei – damals wie heute – der kritischste Punkt in der Produktion, „denn nur zu schnell zerspringt das Glas durch hohe Spannungen in tausend Stücke“.
Wer auf dem Wander-Parkplatz Rotes Kreuz am Feldbergkastell in Glashütten steht und sich auf den Weg in die Geschichte der Glasherstellung begeben will, muss steil nach unten gehen. Nach circa einem Kilometer erreicht er im Ende der Schlucht im Tal den Emsbach und dort die Reste einer Waldglashütte. „Die Glashütte bestand auf circa 300 Quadratmeter Fläche aus einem Haupt- und vier Nebenöfen. Ihr Bestehen wird der Zeit um 1450 zugeordnet“ lässt sich im Internet-Lexikon Wikipedia erkunden.
Dass das Herzstück der mittelalterlichen Glashütte der heutigen Taunusgemeinde ein Schmelzofen war und wie dieser funktionierte, erklärt am Wochenende Dr. Peter Steppuhn im Hessenpark. Denn in dem Freilichtmuseum bei Neu-Anspach entstand in Zusammenarbeit mit dem Lübecker Archäologen und Glasforscher, dem Kulturkreis Glashütten und der Hessischen Landesarchäologie ein Nachbau der Ofenanlage „An der Emsbachschlucht“ wie sie im Mittelalter ausgesehen haben könnte. „Der Ofen sowie die Werkzeuge, Scheren und originale Gebrauchsgegenstände vermitteln ein anschauliches Bild vom Handwerk und Arbeitsalltag eines Glasbläsers. So kann man auch heute noch nachvollziehen, wie im Taunus vor mehr als 500 Jahren aus ‚Sand und Asche‘ Glasfenster und Hohlgefäße hergestellt wurden“, erklärt Pia Preuss, zuständig für die Pressearbeit des Freilichtmuseums. Also, wie sich die Glasmacher die geschmolzene Masse aus den mit Buchenscheiten beheizten Öfen holten, wo die Gefäße abgekühlt wurden. Dass es auch sogenannte Strecköfen für die Flachglasproduktion gab. Und dass es im Hauptofen 1200 Grad heiß werden konnte. Nicht zuletzt, was sich hinter den Begriffen Krautstrunk oder Kreuse verbirgt.
Beim Rundgang durch die Dauerausstellung lassen sich Bruchstücke von Ofenwandungsteilen ebenso entdecken wie Werkzeuge der Glasmacher, wie sie in den Orten der Glashütten im Taunus zwischen 1450 und 1700 verwendet wurden. Manchmal sind es nur Scherben, die einem doch einen Eindruck von einer kaum mehr ausgeübten Handwerkskunst vermitteln.
Wären da nicht die Glasbläser Hans Harder und Mario Pohlmann sowie die Glasperlenmacherin Susanne Niebergall, die am Wochenende mit Vorführungen ihrer aktuellen Kunst zur Wertschätzung der einstigen Glasmacher im Taunus beitragen. Ebenso wie Kurator Oliver Rapp, der im Haus Gemünden/Wohra in der Sonderausstellung „Lichtblick Glas“ auf vier Jahrzehnte böhmischer Glasindustrie im Taunus zurückblickt – und zwar am Samstag, 5., und Sonntag, 6. Juli, jeweils von 11 bis 17 Uhr. Weitere Einblicke zur Glaskunst im Taunus gibt es in einer Broschüre, die für 9,80 Euro im Museumsshop erhältlich ist.
Wer das Themenwochenende „Faszination Glas“ verpasst, aber neugierig geworden ist auf die Geschichte der Produktion des zerbrechlichen Werkstoffs in der Region: Neben der Dauerausstellung im Hessenpark gibt es den „waldGLASweg“. Er folgt dem ersten Teilstück des Limeserlebnisparks Hochtaunus vom Limes-Info-Pavillon am Ortsrand von Glashütten und führt bis ins Tal des Emsbachs. Initiiert wurde das Projekt von der Künstlerin Ines Nickchen. Die Texte an den insgesamt sieben Standorten des „waldGLASwegs“ stammen von der Glashüttener Heimatforscherin Ingrid Berg.