Kriegsstätten der Nazis

Alternative Taunusrundfahrt

Von Corinna Willführ

Es ist mehr als 30 Jahre her, dass Bernd Vorlaeufer-Germer zum ersten Mal eine Vorlaeufer-Germer„Alternative Taunus-Rundfahrt“ leitete. Seitdem hat der engagierte ehemalige Gewerkschafter und Lokalhistoriker Hunderte Menschen sach- und fachkundig „Zu Stätten des Zweiten Weltkriegs und von KZ-Außenlagern“ geführt. Zu Orten zwischen Wetterau und Taunus, deren Geschichte mit der des Nationalistischen Regimes verbunden ist: das Führerhauptquartier „Adlerhorst“ bei Wiesental und Ziegenberg, das Schloss Kransberg, der Hasselborner Tunnel und der Flugplatz Merzhausen.

Die Kriegsstätten der Nazis

Das Interesse an den Fahrten ist ungebrochen groß, sagt Vorlaeufer-Germer. Ob die Tagestouren von „Arbeit und Leben“, einer Kooperation des DGB und der Volkshochschulen oder der Katholischen Erwachsenenbildung – Bildungswerk Hochtaunus und Main-Taunus veranstaltet werden: Die eintägigen Busrundfahrten mit rund 50 Plätzen sind meist ausgebucht. Für den nächsten Termin Samstag, 28. Juni, ab/bis Florstadt, Friedberg, Bad Nauheim gibt es NOCH wenige freie Plätze.
„Die Teilnehmer sind sehr heterogen zusammen gesetzt“, sagt der 70-Jährige. Einen großen Teil bilden ältere Menschen aus der Region. Einen weiteren Zugezogene.“ Sie wollen einen anderen Blick auf ihre alte oder neue Heimat werfen. Mehr wissen über die Orte in Taunus und Wetterau, die mit dem sogenannten Dritten Reich verbunden sind. Vorlaeufer-Germer lebt seit 1977 in Bad Homburg, gehört heute dem Kreistag des Hochtaunuskreises als Abgeordneter der Linken an. „Als ich in die Region kam, war ich fasziniert, wie die jüngste Geschichte hier gewesen ist.“ Welche Spuren der nationalistischen Herrschaft noch an den Orten vorhanden sind. Orten wie Ziegenberg und Wiesental, die heute zur Gemeinde Ober-Mörlen und zur Stadt Butzbach gehören.

„Adlerhorst“

Der „Adlerhorst“ ist Ausgangspunkt der „Alternativen Taunus-Rundfahrt“. Am Rande des östlichen Taunus gelegen, in der Gemeinde Ziegenberg wurde ab 1939 eine riesige unterirdische Bunkeranlage als vorgesehene Hauptzentrale für Adolf Hitler gebaut. Das größte Führerhauptquartier auf dem Gelände der heutigen Bundesrepublik. Wenige Kilometer entfernt in Wiesental entstanden weitere Bunker. „Die Bauarbeiten hatten aber einen solchen Umfang angenommen, dass sie nicht rechtzeitig für den Überfall auf die westlichen Nachbarländer fertig waren, sondern erst nach dem Ende des Blitzkrieges gegen die Benelux-Länder und Frankreich.“ Wie es mit den Bunkeranlagen weiter ging in den Jahren 1941-1944 und nach Kriegsende? Bernd Vorlaeufer-Germer weiß es und berichtet anschaulich von der Geschichte. Einen Einblick in die Bunkeranlagen gibt es nicht.

Adlerhorst-Ziegenberg

Bunker in der Schlosstraße von Ziegenberg

Über die heutigen Kreisgrenzen geht es von der Wetterau in den Hochtaunus, nach Kransberg, einem Stadtteil von Usingen. Wer sich nur der Straße widmet, und ihr gewundener Lauf mahnt einen stets dazu, hat in der engen Ortsdurchfahrt kaum den Blick frei hinauf zum Schloss, dessen Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurück reicht. Während des sogenannten Dritten Reiches war der mittelalterliche Bergfried eine Nebenstelle des „Adlerhorsts“ und ein für 1939/1940 vorgesehenes Hauptquartier von „Reichsführer-SS“ Himmler. „Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs sollten hier noch Häftlinge vom Außenkommando „Tannenwald“ des Konzentrationslagers Buchenwald 1944/45 einen Fluchttunnel in das Bergmassiv unter Schloss Kransberg bauen“, erklärt Bernd Vorlaeufer-Germer. Bis zu 42 Häftlinge lebten von Dezember 44 bis März 45 vor den Schlossmauern in Holzbaracken. Mehr als einen Blick von der Straße oberhalb des Schlosses auf die im 19. Jahrhundert im neugotischen Stil erneuerte 12.000 Quadratmeter große Anlage zu werfen, ist allerdings nicht möglich: Die neuen Eigentümer – eine türkische Investorengruppe – haben den Zutritt verboten. Ein Umstand, der Bernd Vorlaeufer-Germer, richtig wütend macht.

Schloss oder Tunnel – alles vereinnahmt

Von Kransberg geht es in den Norden des Hochtaunuskreises nach Grävenwiesbach – zum „Hasselborner Tunnel“. Der über 1300 Meter lange Eisenbahntunnel wurde 1939 zum „Führertunnel“ erklärt, in dem „der Sonderzug von Hitler bombensicher untergestellt werden sollte“. Vier Jahre später wurde die „unterirdische“ Anlage zur wichtigsten Produktionsstätte von Propellern für die deutschen Jagdflugzeuge am Ende des Zweiten Weltkriegs ausgebaut. Heute durchfahren ihn die Züge der Taunusbahn.
Zum Abschluss führt die „Alternative Taunus-Rundfahrt“ auf das Gelände des früheren Flugplatzes Merzhausen zwischen Neu-Anspach und Usingen. Was das Auge sieht: eine wunderbare Aussicht auf den Taunus, eine große freie Fläche mit Erdfunkstellen von MediaBroadcoast des französischen Konzerns Télediffusion de France (TDF). Was es nicht weiß: dass auf dem als Schafweide getarnten Flugplatz mit Kriegsbeginn „der plötzliche Luftangriff gegen die westlichen Nachbarländer durchgeführt werden sollte.“

Die Rundfahrt

Die Ab- und Ankunftsstellen des Busses für die nächste „Alternative Taunus-Rundfahrt zu Stätten des Zweiten Weltkriegs und von KZ-Außenanlagen“ am Samstag, 28. Juni, sind in Florstadt, Friedberg, Bad Nauheim und Ziegenberg. Veranstalter: Arbeit und Leben (DGB/VHS Wetterau), Telefon: 06031/71760, Näheres bei der vhs wetterau. Die nächste Tour am Samstag, 19. Juli, startete und endet in Hofheim, Bad Homburg und Wehrheim.

Ein Gedanke zu „Kriegsstätten der Nazis

  1. Was Herrn Vorläufer-Germer vielleicht interessieren könnte: Am So, 13. Juli, 14 Uhr, findet die „Feierliche Wiedereinweihung der Kriegsgräberstätte Butzbach/Nieder-Weisel“ statt. Das Programm fand ich etwas befremdend.
    1. Es sprechen nur kathol. und evang. PfarrerIn. Eine „ökomenische Andacht“ ist das nicht. Denn es liegen neben deutschen Soldaten auch poln., russ. usw. Menschen begraben, die orthodoxen Glaubens waren. Ein Vertreter dieser Religion fehlt.
    2. Es nehmen zwar „Reservistenkameradschaften“ und die „Truppe Alpine“ teil, aber kein Vertreter einer Friedensgesellschaft, etwa pax christi o. ä. Das erscheint mir einseitig auf die militärische Lösung von Konflikten konzentriert, über die wir gerade in solchen Feierlichkeiten hinauskoimmen sollten.
    Eine Rückmeldung von LeserInnen fände ich gut.
    Ursula Wöll

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