7. Wickstädter Kunstfest

Über 40 Künstler machen beim 7. Wickstädter Kunstfest mit. Das 780 Jahre alte Hofgut an der Nidda wird am kommenden Samstag, 31. August, zum Treffpunkt der Kunstliebhaber.

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Gegen Zensur

Ein wahrlich flammendes Plädoyer gegen Zensur gehört zu den Höhepunkten der Kunstschau. „Ich brennen noch immer für die Freiheit der Kunst“, nennt Horst Melchert aus Gründau seine Feuerinstallation, die nach Einbruch der Dunkelheit zu sehen sein wird. Er spielt damit auf einen Fall von Kunstzensur im Main-Kinzig-Kreis an, bei dem er selbst betroffen war.

Film von der Pressekonferenz zum Kunstfest

Mitmach-Maschinen

Der Rosbacher Metallbildhauer Bashir Molly baut eine ganze Reihe Mitmach-Maschinen auf, die von den Besuchern Geschicklichkeit und Geduld fordern. „Bewegen“ ist das Motto des  Kunstfestes. Ulrike Obenauer, Metallbildhauerin aus Ortenberg, bewegt die Besucher zur Kreativen Beschäftigung mit dem Wort „Weg“.

Aus bescheidenen Anfängen hat sich das Wickstädter Kunstfest zur größten Kunstschau zwischen Vogelsberg und Taunus entwickelt. Die Erfolgsgeschichte erklärt Jo Pollack damit, dass Wickstadt ein „traumhaft schöner Ort“ sei. Der Kunstschreiner lebt in Wickstadt und betreibt hier seine  Werkstatt. Vor zehn Jahren hat er das Fest initiiert. Dass Wickstadt eine Idylle geblieben ist, liegt laut Wetterauer Denkmaltopographie an der eingeschränkten Entwicklung: „Durch die Konzentration des Besitzes erst beim Kloster, dann in den Händen der Grafen von Solms, hatte das Dorf Wickstadt keine Möglichkeiten zu einer eigenständigen Entwicklung, es blieb in seinem Kern stets eine Ansammlung von neben dem Hofgut nur wenigen weiteren Höfen und Gesindehäusern.“  Wickstadt war ursprünglich Münzenberger Lehen, das im Jahr 1231 dem Kloster Arnsburg überlassen wurde. Das  Zisterzienserkloster baute Wickstadt zum Hofgut aus, dem ein Dorf angeschlossen war. Nach der Aufhebung des Klosters ging Wickstadt an die Grafen von Solms-Rödelheim und Assenheim. Heute leben knapp 50 Menschen in dem Niddataler Ortsteil.

Das Gut als Kunstobjekt

Die denkmalgeschützten Gebäude werden bei dem Fest zum Kunstobjekt. Hunderte Teelichter beleuchten sie abends. Und die Künstler befassen sich mit ihrem Ausstellungsort. Pollack setzt sich mit dem Wandel der Landwirtschaft auseinander. Er will an die rund 100 Landarbeiter erinnern, die hier dereinst tätig waren.

Ein mit Kunst gespickter Rundweg führt zur Nidda, an der diesmal eine zweite Bühne steht.  Gottfried Lehr, der Vater der Nidda-Renaturierung, tritt hier auf – als Liedermacher. Er teilt sich diese Bühne mit  Dichterinnen und Schriftstellerinnen: Petra Zeichner, Rita Greve und Eva Thiel lesen, zudem trägt Tom Meusert eine Kindergeschichte vor. Im Anschluss daran gibt es ein klassisches Geigenduett.

Auf der Bühne im Hofgut spielt die Band Shades of Cale Songs von J.J. Cale. Jazz steht hier auf dem Programm und – als Höhepunkt – der urwüchsige Mundartrock von Martin Schnur und seinen Wammertalern.

Jo Pollack weiß noch zwei Gründe für den Erfolg des Wickstädter Kunstfestes: Es ist keine Verkaufsausstellung und es wird kein Eintritt verlangt.  „Es ist  ein Fest für alle, die Spaß an der Kunst haben“, sagt er.

 Das 7. Wickstädter Kunstfest beginnt am Samstag, 31. August, um 16 Uhr. Der Eintritt ist frei. Wickstadt ist ein Ortsteil von Niddatal und liegt zwischen Assenheim und Florstadt. 

Bühnenprogramm

Bühne 1

16.50 Uhr Begrüßung

17 Uhr Shades of Cale spielen Lieder von J.J Cale

18.15 Uhr  Kleinkunst mit Markus Karger

18.45 Uhr Jazz

20 Uhr Martin Schnur und Die Wammertaler spielen Mundartrock

 

Bühne 2

17 Uhr Gottfried Lehr (Intro)

17.10 Uhr Tom Meusert liest Kindergeschichten

17.35 Uhr Gottfried Lehr Zwischenspiel auf der Gitarre

17.45 Uhr Rita Greve liest kuriose Kurzgeschichten

18.10 Uhr Gottfried Lehr singt Lieder

18.25 Uhr Petra Zeichner trägt Gedichte vor

18.50 Uhr Gottfried Lehr und Artemis Addams spielen Lieder

19.05 Uhr Eva Thiel trägt Gedichte vor

19.30 Uhr Gottfried Lehr spielt

Folgende Künstler stellen aus:

Atelier Tierisch Bunt (Kunstwerkstatt), Hendrik Bender (Fotografie), Karin Bindewald (Malerei/Möbeldesign), Ulrike Degenhardt (Steinbildhauerin), Martin Fischer (Fotografie), Rita Greve ((Malerei, Gesang, Literatur), Manuela Heinisch (Gemälde), Georg Heynmöller (Skulpturen), Regina Hiemisch (Malerei/Schmuckdesign), Jutta Himmighofen-Strack (Malerei/Fotografie),  Klaus Kallus (Gemälde), Markus Kindermann (Malerei), Doris Kleffmann-Metz (Malerei), Milagros Lopez-Wetzels (Keramik), Heinz Mack (Steinbildhauer),Reinhold Mehling (Bildhauer/Maler), Horst Melchert (Bildhauer/Maler), Baschir Molly (Metallbildhauer), Uwe Müller (Holzobjekte), Ulrike Obenauer (Metallbildhauerin), Jo Pollack (Kunstschreiner), Elena Primavera (Malerei), Ursula Rickert-Rieb (Drahtfiguren), Günter Rother (Maler und Musiker), Alf Seckel (Maler und Zeichner), Roland Schumann (Aquarelle), Dietrick Skrock (Fotofgrafie/Film), Peter Vaughan (Bildhauer), Armelle Vidal (Lichtobjekte).

Dave Van Ronk über Bob Dylan, Leonard Cohen und Joni Mitchel

Der König von Greenwich Village

Dave Van Ronks Autobiografie beschreibt die Folk-Szene in Greenwich Village, zu der unter anderem  Bob Dylan, Joan Baez, Leonard Cohen und Joni Mitchel gehörten. Die Memoiren dienten den Coen-Brothers als Vorlage für ihren Film „Inside Llewyn Davis“. Deshalb ist die Autobiografie nun eilig auf Deutsch herausgegeben worden, so eilig, dass keine Zeit für ein Register war. Schade, denn in dem Buch kommen viele Leute vor, die Musikgeschichte geschrieben haben. In den USA ist das Buch bereits 2005 erschienen.

ronk

Dylan klaut Van Ronk Songs

Eigentlich ist es keine Autobiographie. Elijah Wald hat das Buch anhand von Material geschrieben, das Van Ronk zusammengetragen hatte, um „so etwas wie die definitive Geschichte der Greenwich-Village-Folkies“ zu schreiben, so Wald. Van Ronk war eine treibende Karft der Szene gewesen, ohne selbst große musikalische Erfolge zu feiern. Erfolg hatte Dylan. Der hat Van Ronk zwei Songs geklaut. „House of the Rising Sun“ in der Version Van Ronks veröffentlichte Bob Dylan auf seinem ersten Album. Einen Hit machten dann die Animals daraus. Der zweite Song stammt eigentlich von Van Ronks Großmutter. Die war Irin und hatte ihrem Enkel eine sentimentale Ballade über die Trinity Church beigebracht. Dylan habe sich dieses Lied einige Male von ihm vorspielen lassen und es zu „Chimes of Freedom“ umgearbeitet, berichtet Van Ronk und merkt an: „Omas Version war besser.“

Der unbestrittene Herrscher

„Ich habe nie ein Vermögen verdient. Oft war ich hoch verschuldet, aber ich tue was ich tun wollte, seit fast fünfzig Jahren, und ich musste nie etwas anderes machen. Kann ich mehr verlangen. Ich wollte Musiker sein, und ich bin Musiker geworden, und darum geht es doch“, schreibt der Blues-Sänger und bekennende Trotzkist über sich. Dylan bewertet ihn so: „In Greenwich Village war Van Ronk der König der Straße, er war der unbestrittene Herrscher.“

New York versus Cambridge

Das zweite Zentrum des Folk-Revivals in den USA in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren war Cambridge. Dort spielte Eric von Schmidt die Rolle, die Van Ronk in Greenwich Village inne hatte. In Cambridge habe man gewollt, „dass Eric und ich einander hassten“, schreibt Van Ronk. In den Augen der Szene dort sei  „Eric der größte weiße Bluessänger weit und breit“ gewesen und er „der Rivale aus New York“. Er habe sich aber vom ersten Augenblick an großartig“ mit von Schmidt verstanden, „und das nicht nur, wenn wir uns einen hinter die Binde gossen“. Mit der Cambridge-Szene konnte Van Ronk allerdings nichts anfangen. „Ich glaube, die Leute in Cambridge hatten generell Komplexe, was New York anging. Wir waren Gomorrha, und sie sahen sich als die Hüter der heiligen Flamme. (…) Als Szene allerdings ging mir Cambridge immer auf die Nerven. Dieses snobistische Klassendenken, der ganze Harvard-Nimbus, selbst wenn es gar nicht direkt mit Harvard zu tun hatten.“ Eric von Schmidt hat der Harvard-Szene mit dem Buch „Baby, Let Me Follow You Down“ ein schönes Denkmal gesetzt.

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Vielleicht hatte Van Ronk dieses Buch vor Augen, als er Material über das New Yorker Folkrevival sammelte. Das Buch ist 1979 bei Anchor Books in New York erschienen. Eine deutsche Ausgabe gibt es leider nicht.

Dave Van Ronk mit Elijah Wald: Der König von Greenwich Village, Heyne Hardcore, Taschenbuch, 368 Seiten, 9,99 Euro, ISBN 978-3-453-67638-1.

Das goldene Buch der Friedberger FR-Redaktion

Sex-Kino, Zensur und Blamagen

Das wertvollstes und beliebtestes Buch in der Friedberger Redaktion der Frankfurter Rundschau war ein Schreibheft mit festem Einband. „Redaktionstagebuch und Ahnengalerie“ stand darauf. Praktikanten und Volontäre haben darin ihre ersten journalistischen Erfahrungen in der Wetterau festgehalten. Sie berichten von Männern, die mit Hut ins Sex-Kino kommen und die Kopfbedeckung in den Schoß leben, „in der weisen Voraussicht, dass sich dort etwas regben würde“. Sie berichten von Blamagen und Zensur.
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Abenteuerliche Bahnfahrt

Aufregende Donau-Radtour

Von der ungarisch-serbischen Grenze etwa 1500 Kilometer die Donau entlang bis Constanza am Schwarzen Meer zu radeln, war wunderbar: herrliche Landschaften, nette Leute und dieser mächtige, eine beruhigende Ruhe ausströmende Fluss als ständiger Begleiter. Die An- und Abreise mit der Bahn war dagegen ein Horrortripp.

Im IC von Frankfurt nach München. Kurz vor Nürnberg macht die Lok schlapp. Sie wird ausgetauscht. Eine halbe Stunde Verspätung. Adieu Anschlusszug nach Budapest. Kaum hat der Zug Nürnberg mit neuer Lok verlassen, ein Krachen, Rumpeln, Knirschen. Vollbremsung. Gebanntes, verwundertes Schweigen. Nach einer Weile die Durchsage: „Wir haben gerade einen Menschen überfahren.“ Polizei, Katastrophenmanagement der Bahn. Und Notfallseelsorger. Die beruhigen die entsetzten Fahrgäste: „Nein, nein, Sie haben keinen Menschen überfahren. Sie sind nicht schuld.“

Mensch überfahren

Nach drei Stunden fährt der Zug zurück nach Göppingen. Dort warten zwei IC. Von denen nimmt aber keiner Fahrräder mit. Wir müssen einen Regionalzug nehmen. Mit über vier Stunden Verspätung kommen wir in München an. Mitternacht fährt ein Zug direkt nach Budapest. Der nimmt allerdings keine Fahrräder mit. Wir sprechen mit der Zugbegleiterin. Für 100 Euro bekommen wir ein Liegewagenabteil für uns alleine, in das wir die Fahrräder mitnehmen dürfen.

radzugUnsere Fahrräder im Liegewagen

Nach knapp drei Wochen entspanntem Radeln die abenteuerliche Rückfahrt per Bahn. Die Frau am Fahrkartenschalter im Bahnhof in Constanza kann nicht sagen, welche Züge in Rumänien Fahrräder mitnehmen, schon gar nicht für Ungarn, Österreich und Deutschland. „Go to Construktor“, sagt sie. Wir sollen mit den Schaffnern sprechen. Von Constanza nach Bukarest kein Problem. Der nette Schaffner zeigt uns einen Platz für die Fahrräder. Geld will er dafür keins.

zug Im Zug irgendwo in Rumänien

Ausgeraubt in Bukarest

Im Bahnhof in Bukarest der Zug nach Wien. Der Schaffner will 50 Euro. Wir geben sie ihm. Er schließt eine Toilette zu, damit wir die Fahrräder davor abstellen können. Beim Einladen der Fahrräder und des Gepäcks stehen mir drei Frauen beharrlich im Weg, packen manchmal mit an, rempeln mich  aber auch immer wieder an. Dann sind sie weg. Mit ihnen mein Geldbeutel und meine Brieftasche. Ich sehe zwei Polizisten am Bahnsteig, renne zu ihnen, erkläre ihnen auf Englisch, was passiert ist. Ob mein Gepäck im Zug sei, fragt einer von beiden. „Ja,“, sage ich. Dann solle ich besser einsteigen, sagt er. Der Zug setzt sich gerade in Bewegung. In letzter Sekunde kann ich auf den Zug aufspringen.

Der Schaffner bringt mir stolz meine Brieftasche. Er habe sie im Zug gefunden, sagt er. Mein Geldbeutel mit über 500 Euro bleibt verschwunden. Meine Frau hat noch ein Paar Euro einstecken. Zu wenig, wie sich zeigen sollte. Die Schaffner wechseln in jedem Land. Die in Ungarn wollen auch Geld für unsere Fahrräder. Wir hätten in Rumänien schon dafür bezahlt, sagen wir. Das gelte nur für Rumänien, sagen sie. Die knapp 20 Euro, die wir noch haben, reichen ihnen nicht. Außerdem schließen sie die Toilette wieder auf. Wir müssen jetzt ständig bei den Fahrrädern stehen, um sie zur Seite zu räumen, wenn jemand auf die Toilette möchte. An Schlaf ist nicht zu denken. Plötzlich hält der Zug in einem kleinen Bahnhof. Hier gebe es einen Geldautomaten, sagt der Schaffner. Der Zug warte, bis wir Geld abgehoben haben. 30 Euro will er noch zu den knapp 20, die wir ihm bereits gegeben haben. Dafür gekommen wir eine Quittung. Die nutzt uns in Österreich allerdings nichts. „In diesem Zug sind keine Fahrräder erlaubt“, brüllt uns der österreichische Schaffner an. Unsere Quittung ignoriert er, auch dass die Fahrräder schon 19 Stunden mit uns im Zug sind, interessiert ihn nicht. „Entweder Sie steigen an der nächsten Station aus oder ich rufe die Polizei“, sagt er ultimativ. Wir steigen aus und radeln nach Wien, zum Westbahnhof.

Der für uns und unsere Fahrräder gebuchte Anschlusszug ist längst weg. Der Mann am Fahrkartenschalter, von dem wir uns eine neue Verbindung nach Frankfurt suchen lassen, traut seinen Augen nicht, als wir ihm unsere Fahrkarten aus Constanza zeigen. Der ICE, der für uns und unsere Fahrräder gebucht war, nimmt keine Fahrräder mit. Für unsere Räder waren ganz normale Sitzplätze reserviert worden. Wir müssen Regionalzüge nehmen, um nach Frankfurt zu kommen. An diesem Tag schaffen wir es gerade noch bis Salzburg. Eine teure Übernachtung. Am nächsten Tag kommen wir nach dreimal Umsteigen  in Frankfurt an.

Reingelegt

bahncard

Rasch eine Probe-Bahncard 25 im Internet gekauft, um damit günstiger von Butzbach nach Bornheim-Mitte in Frankfurt zu fahren. Problemlos das ermäßigte Ticket am Automaten im Butzbacher Bahnhof gekauft. Ganz anders bei der Rückfahrt vom U-Bahnhof Bornheim Mitte: Kein Automat dort hat die Bahncard-Taste. Also reguläres Ticket bis zum Frankfurter Hauptbahnhof gelöst. Dort zum Infoschalter, um mich zu beschweren. Bald sind alle fünf Berater am Schalter gleichzeitig im Gespräch mit  mir, um mit zu erklären, warum ich am U-Bahnhof keine Fahrkarten mit Bahncard-Ermäßigung lösen kann.

„Die U-Bahnhöfe gehören zum Stadtverkehr. Die Bahncard gilt nur an S-Bahnhöfen.“  „Dann bin ich also illegal nach Bornheim-Mitte gefahren?“                                               „Nein, das gehört zum RMV.“                                                                                                   „Warum kann ich dann dort keine Karte mit der Bahncard kaufen?“                                  „Die U-Bahn gehört zum Stadtverkehr.“

Seltsame Logik. Die Bahn wirbt für die Karte: „Sie sparen bei jeder Bahnreise garantiert 25% auf den Normalpreis und auf die Sparangebote des Fernverkehrs. Das lohnt sich oft schon ab der ersten Fahrt.“ Oft?! Ich habe die Bahncard 25 probiert und bin reingefallen.