Pflegestätte der nationalsozialistischen Revolution

Der unrühmliche Teil der Geschichte der Technischen Hochschule in Friedberg

Von Bruno Rieb

Der von den Nazis verfolgte Dozent des Friedberger Polytechnikums Wilhelm Friedmann soll eine späte Würdigung erfahren, indem eine Straße nach ihm benannt wird. Das fordern Thomas Petrasch und Klaus-Dieter Rack. Die beiden haben die Geschichte der Technischen Hochschule in Friedberg geschrieben und dabei besonders deren Rolle während des Faschismus erforscht.

Friedmann war ein renommierter und beliebter Dozent am Polytechnikum. Er stammte aus Wien und hatte über die über die Holzwarth-Gasturbine für Koksofengas promoviert. 1920 war er vom jüdischen Glauben per Taufe zum evangelischen Glauben übergetreten. Am 1. Oktober 1920 trat er die Stelle des Ingenieur-Mathematikers am Polytechnikum in Friedberg an. Seine Lehrtätigkeit erweiterte sich in den folgenden Jahren. Neben Mathematik unterrichtete er in seinem Spezialgebiet Maschinenbau. Er unterwies die Studierenden auch in Mechanik und zeigte ihnen die Funktion von Verbrennungsmaschinen. „Bei der Studentenschaft war Dr. Friedmann sehr angesehen, vor allem wegen seiner Fachkompetenz. Dies betonten noch Ende April 1933 nationalsozialistische Mitglieder der Studentenschaft gegenüber Bürgermeister Dr. Seyd“, berichten Rack und Petrasch.

Polytechnikum Direktor Wilhelm Schäfer hatte Bürgermeister Ludwig Seyd am 31.3.1933 telefonisch darüber informiert, dass die NSDAP-Kreisleitung die Entlassung Friedmanns gefordert habe. Seyd und Schäfer setzten sich zunächst für Friedmann ein. Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ schuf die NS-Regierung die Grundlage, „Nichtarier“ und politisch Missliebige ohne Begründung aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Fast unmittelbar nach Bekanntwerden des Gesetzes teilt Schäfer dem Bürgermeister mit, dass Friedmann nun zu entlassen sei. Am 18.9.1933 wurde der Dozent auf der Grundlage des neuen Gesetzes mit Wirkung zum 1.1.1934 wegen nichtarischer Abstammung vorzeitig und zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Ein Ruhegehalt wurde ihm nur bis zum 1.4.1935 gewährt. Friedmann ertrug diese Demütigung, Entwürdigung, Entrechtungen und Verfolgungen nicht: am 29.11.1936 setzte der einst so angesehene Dozent des Polytechnikums in Frankfurt seinem Leben ein Ende. Er war nur 49 Jahre alt geworden.
Seiner Witwe wurden 1951 Versorgungsbezüge zugesprochen, unter der fiktiven Annahme, dass Friedmann bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres im Dienst gestanden hätte. „Es war allerdings nur ein bescheidener Ausgleich für das erlittene Unrecht, das ihrem Mann und auch ihr durch die Nationalsozialisten zugefügt wurde und das Dr. Wilhelm Friedmann 1936 in den Freitod getrieben hatte“, so Rack und Petrasch.

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Nazis bei der Einweihungsfeier des Hörsaalgebäudes im Juni 1937. (Stadtarchiv Friedberg)

 

Das Schicksal Friedmanns belegt, dass das Polytechnikum keine Insel in der braunen Flut war, wie es Rack formuliert. Die Nazis waren an der Hochschule schon früh erfolgreich. Kaum hatten sich die Macht ergriffen, wurde das Polytechnikum nach Adolf Hitler benannt. Die Umbenennung wurde am 22. Juni 1933 im voll besetzten großen Hörsaal vollzogen. Das Polytechnikum dürfe „mit Fug und Recht als eine Pflegestätte der nationalsozialistischen Revolution angesehen werden“, schwärmte Friedbergs Bürgermeister Seyd.

1929 war eine Hochschulgruppe des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes gegründet worden. Bei der Wahl zum Allgemeinen Studentenausschuss im Juli 1930 erreichte er 25 Prozent der Sitze. In der Reichspogromnacht im November 1938, als im ganzen Land jüdische Gotteshäuser in Flammen aufgingen, jüdische Geschäfte geplündert und die Wohnungen von Juden demoliert wurden, zogen auch Studenten des Hitler-Polytechnikums mit dem Mob durch Friedberg und verwüsteten Wohnungen. Der Friedberger Historiker Hans-Helmut Hoos behauptet laut Petrasch, dass es Studenten des Polytechnikums gewesen seien, die die Synagoge angezündet haben. Das lasse sich aber nicht belegen, betont Petrasch. Trotz intensiver Recherchen habe er keine Beweise dafür gefunden. Petrasch: „In den Protokollen der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchgeführten Untersuchungen werden Studierende als Brandstifter nicht erwähnt. Nicht belegbare Behauptungen sind unwissenschaftlich und müssen widersprochen werden.“

Petrasch ist Diplom-Ingenieur und Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Technischen Hochschule Mittelhessen. Klaus-Dieter Rack ist kommissarischer Leiter des Hessischen Staatsarchivs in Darmstadt und gehört der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen an. Ihre Geschichte der Fachhochschule ist im außerschulischen Exil erschienen: beim Friedberger Geschichtsverein als Band 62 der Wetterauer Geschichtsblätter. Der Geschichtsverein hat sich vielfach um die Erforschung der Nazizeit in der Wetterauer Kreisstadt verdient gemacht. Die Hochschule hatte abgewunken. Wir schauen in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit, habe die Hochschulleitung gesagt, berichtet Petrasch.

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Thomas Petrasch, Klaus-Dieter Rack: Von der Gewerbe-Akademie zur Technischen Hochschule – Friedberger Hochschulhistorie (1901-2011), Wetterauer Geschichtsblätter, Band 62, 206 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-87076-115-8, 19,80 Euro.

Dieter Thomas nimmt Abschied von der Bühne

Eine „Weihnachts (D)App“ von schnoddriger Schnauze

Der Kabarettist Dieter Thomas nimmt am Samstag im Butzbacher „Capitol“ Abschied von der Bühne

Von Corinna Willführ

Mehr als 30 Jahre übte er mit „schnoddriger Schnauze“ und unverkennbar hessischen Idiom Kritik an Gott und der Welt: Nun hat Dieter Thomas „die Schnauze voll“, sich „zum 150. Mal mit all den Comic-Figuren auseinanderzusetzen, die sich tag-täglich dabei widersprechen, wenn sie die Welt kommentieren oder interpretieren.“ Am Samstag, 7. Dezember, tritt der Kabarettist endgültig von der Bühne ab. Im Butzbacher Kino „Capitol“ in der Roßbrunnenstraße 3 zeigt er ein letztes Mal sein Programm „Die „Weihnachts(D)App“.

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Zwei, die seit 20 Jahren das Faible für Kabarett teilen: Dieter Thomas und Rita Herth.

 

Dieter Thomas: Genau, das ist der Mann der noch heute im Alter von – man weiß es nicht genau – die Haare länger trägt und noch immer einen Schnauzer hat, der einem Soloprogramm schon in 2006 den Titel „Der Seniorenhippie“ gab. Das ist der Mann, der von 1974 bis 1981 Mitglied im legendären Karl Napp’s Chaos Theater war und der zusammen mit seiner Lebensgefährtin Hendrike von Sydow und dem unvergessenen Matthias Beltz 1982 das „Vorläufige Frankfurter Fronttheater“ gründete. Es war die Zeit der Proteste gegen die Startbahn West am Frankfurter Flughafen. Mit ihrem ersten Programm „Freak und Frieden“ zog das Trio als „sich und andere nie ernst zunehmende Dreierspitze durch die Republik“, machte auf viele Missstände aufmerksam – und die Medien auch auf sich: Dieter Thomas bekam eine eigene Fernsehsendung „Zu Gast im Fronttheater“. Er war in Dieter Hildebrandts „Scheibenwischer“ zu sehen und als „Dieter und Hendrike“ im TV. Oft dabei, „Freddie“, ihr Hund.

Dieter Thomas nimmt Abschied von der Bühne

„Was ich an ihm am meisten schätze?“. Rita Herth zögert keinen Augenblick. „Dass er authentisch ist. Dass er aus dem Bauch raus redet und dass sich jeder mit dem, was er sagt identifizieren kann.“ Als Kulturamtsleiterin der Stadt Butzbach holte Rita Herth 1994 Dieter Thomas und Hendrike von Sydow zum ersten Mal auf die Bühne des Bürgerhauses der Schrenzerstadt. Viele weitere Auftritte folgten. „Dass Dieter seinen Abschied von der Bühne gerade in Butzbach gibt, das freut mich sehr.“ Mit ihr sicher alle, die schon eine Karte haben oder noch eine der Restkarten ergattern für die „letzte Runde“ von Dieter Thomas und die wissen wollen „wie man sich vor der täglichen Dosis Horrormeldungen aus den Medien schützt und Schlechtschwätzern etwas entgegenhalten kann.“ Eben mit seiner „Weihnachts(D)App“.

Karten zum Preis von 17.50 Euro (ermäßigt 15,50 Euro) gibt es täglich zu den Öffnungszeiten an der Kinokasse des „Capitol“ oder über live-in-butzbach.de

Ausstellung „Aufbruch in die Utopie“

In Gießen wird die Auswanderung nach Amerika dargestellt

von Ursula Wöll

„Es gab Gefühlsausbrüche, wenn der letzte, schmerzvolle Augenblick gekommen war und Europas Küste als schmaler, blauer Nebelstreif ins Meer sank“, so erinnert ein Amerikafahrer des 19. Jahrhunderts die Situation an Bord seines Dreimaster-Seglers. Spätestens dann, wenn das Festland endgültig verschwand, wurde den Auswanderern die Tragweite ihrer Entscheidung bewusst, weil sie unumkehrbar geworden war. Die Nerven lagen eh schon blank: der Abschied von Verwandten und Bekannten, von den Gräbern der Angehörigen, von den Farben, Tönen und Gerüchen der Heimat, dann die wochenlange Fahrt mit dem Wagen zur Küste, der erste Blick der Landbewohner auf die Wasserwüste, die qualvolle Enge im Zwischendeck, die Angst vor Stürmen und die Seekrankheit:  Ähnliches müssen die Bootsflüchtlinge von heute empfinden, wenn sie sich in der Hoffnung auf ein besseres oder angstfreies Leben aufs Mittelmeer wagen.  Nur dass ihre Situation noch prekärer ist, da sie im Gegensatz zu den historischen Auswanderinnen und Auswanderern nicht willkommen sind. Die Giessener Ausstellung „Aufbruch in die Utopie“ behandelt also ein historisches, aber hochaktuelles Thema.

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Das sehr Interessierte Publikum bei der der Eröffnung der Ausstellen

Sieben Millionen gingen nach Amerika

Allein von 1815 bis 1914 wanderten 7 Millionen Deutsche nach Amerika aus, im Spitzenjahr 1854 waren es 230400. Schiere Not oder Angst vor Verfolgung trieb sie übers Meer. Heute nun fliehen  Menschen vor Krieg, Armut und Verfolgung zu uns. Es erstaunt, dass das historische Drama unserer Vorfahren verdrängt wird und keinen Einfluss auf den Umgang mit den Asylsuchenden hat. Schon vor Jahren bildete sich daher eine überregionale Gruppe, um an die Parallelen zu erinnern und mehr Offenheit gegenüber den ImmigrantInnen unserer Tage zu erreichen. Etliche Mitglieder dieser „Reisenden Sommer-Republik“ kommen aus Giessen, wie der Leiter des Stadtarchivs Dr. Ludwig Brake  und die Professorin. Rita Rohrbach. So ergab es sich, dass  sich die Gruppe schließlich auf die „Giessener Auswanderergesellschaft“ konzentrierte, die 1834 weniger vor dem Hunger als vor der politischen Unterdrückung floh. Der Jurist Paul Follenius aus Giessen und der Pfarrer Friedrich Münch aus Niedergemünden konnten 500 Menschen für die Emigration begeistern, um  in Amerika eine freie und demokratische Musterrepublik zu gründen. Diese sollte durch ihr positives Beispiel auch dazu beitragen, die feudalen Verhältnisse in der alten Heimat zum Tanzen zu bringen.

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Es gibt viel zu sehen

Archive durchforstet

Die Mitglieder der Reisenden Sommer-Republik durchforsteten  Archive und besuchten die Orte, die diese 500 Menschen vor so langer Zeit passiert hatten, um eine Utopie zu verwirklichen. Sie waren erstaunt über die vielen Spuren in Briefen und Tagebüchern, aber auch vor Ort in Missouri, wo die Überlebenden nach einer monatelangen strapaziòsen Odyssee  sesshaft wurden und wo sie ihren Traum begraben mussten. Das Resultat dieser Zeitreise  in die Vergangenheit?  Ein reich bebildertes, gut lesbares Buch mit dem Titel ‚Aufbruch in die Utopie‘, das erstmals  die Giessener Auswanderergesellschaft genau erforscht sowie generell über die historischen Auswandererstròme  und deren Ursachen informiert. Außerdem eine großartige Ausstellung, die auf  die Situation in den deutschen Kleinstaaten und die Schwierigkeiten in der Neuen Welt eingeht, aber auch die Recherchen der Reisenden Sommer-Republik einbezieht. Keine Angst, es ist nicht eine der etwas drögen Tafelausstellungen geworden. Die BesucherInnen werden einbezogen, dürfen mit Statements über die heutige Gesellschaft und eigene Utopien das Ganze komplettieren. Zwischen Großfotos an den Wänden sind  Videos und, Akten  auf groben Holzkisten arrangiert, es gibt viele Sitzgelegenheiten und gezimmerte  Schreibtische für die Besucher.

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Friedrich Münch war einer der Auswanderer

Auch in Bremen und St. Louis zu sehen

Die Ausstellung wird nach Giessen in Bremen und St. Louis gezeigt. Das war auch der Weg, den die 500 AuswandererInnen 1834 nahmen. Die eine Hälfte mit Paul Follenius traf in New Orleans ein, um dann auf einem Raddampfer den Mississippi hinaufzufahren. Durch die Cholera verlor sie dabei 40 Leute. Die zweite Hälfte mit Friedrich Münch fand kein Schiff in Bremerhaven und musste unter erbärmlichen Bedingungen 5 Wochen auf der Weserinsel ‚Harriersand‘ ausharren, bis sie auf der ‚Medora‘ nach Baltimore segeln konnte. Von da ging die Reise  zu Land und Wasser nach Missouri, wobei Münch seinen jüngsten Sohn verlor.  Da man den Kauf von Sklaven ablehnte und das Farmland eigenhändig beackerte, lagen die utopischen Ziele bald brach, zumal die Lebensbedingungen noch schwieriger als erwartet waren.. Die Giessener Auswanderergesellschaft löste sich auf, nur wenige, unter ihnen Münch, vergaßen ihren Traum von Gleichheit und Freiheit  nicht. Sie agitierten gegen die Sklaverei und die Verachtung der indianischen Urbevölkerung, sie ließen sich in politische Gremien wählen, um ihre neue Heimat mitzugestalten. Damit erreichten sie Gesetze, die  Sklavenhaltung in Missouri verboten. Ist ihre Utopie also wirklich gescheitert oder hat sich die Mühsal am Ende doch gelohnt?
aufbruch-in-die-utopie.net

Ausstellung ‚Aufbruch in die Utopie‘ bis 29.12. im ‚Kultur im Zentrum KIZ‘ (Kongresshalle), Giessen, Südanlage 3a,  zweisprachig, Eintritt frei

Buch  ‚Aufbruch in die Utopie‘, zweisprachig, 350 Seiten, zahlr. Abbild.,, Edition Falkenberg,ISBN 978-3-95494-595-5, 19,90 Euro

Geld für ehemalige FR-Beschäftigte

SPD-Medienholding DDVG greift in die Tasche

Die SPD-Medienholding DDVG  wird den Sozialplan für die Beschäftigten des insolventen Frankfurter Runschau mit einer Millionen Euro vorfinanzieren, berichtet die Berliner Tageszeitung (taz) in ihrer heutigen (21.11. 2013) Ausgabe. Rund 360 Beschäftigte hatten durch die Inslovenz ihren Job verloren. Hauptgesellschafter des Druck- und  Verlagshauses Frankfurt am Main GmbH, das die FR herausgegeben hatte, war neben der DDVG die Mediengruppe DuMont Schauberg. DuMont Schauberg habe es abgelehnt, sich an der Vorfinazierung zu beteiligen. Die DDVG gewährleiste durch ihre Vorfinanzierung, dass ein Viertel der  Sozialplanleistungen ausgezahlt werden könne. Nicht betroffen von dieser Regelung seien die ehemaligen FR-Beschäftigten, die bereits vor der Insolvenz einen Auflösungsvertrag unterschrieben hatten und noch immer auf ihre Abfindung warten.

FR-Beschäftigte hatten die Vorfinanzierung vehement gefordert, wie dieser Film zeigt

 

Der erste Bürgerwindpark in der Wetterau

Acht Windräder bei der Münzenburg

Von Anton J. Seib

860 Jahre beherrschte die mächtige Burg Münzenberg das Landschaftsbild in der nördlichen Wetterau. Das könnte sich jetzt ändern. In Sichtweite der Staufferburg zwischen Münzenberg und Rockenberg plant das Bad Nauheimer Unternehmen Alphasol einen Bürgerwindpark mit acht je 200 Metern hohen Windrädern – vier auf Münzenberger Seite, vier jenseits der Gemarkungsgrenze auf Rockenberger Gelände. Rund 37 Millionen Euro soll das Vorhaben kosten, finanziert von Großinvestoren aus der Region und Bürgerdarlehen. Es wäre der erste Bürgerwindpark in der Wetterau. Wird das bereits jetzt umstrittene Projekt gebaut, könnten die acht Generatoren Energie für rund 14 000 Haushalte liefern.

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 Zwischen der Münzenburg und Rockenberg sollen die Windräder entstehen

Die Idee von Alphasol: Neben Großinvestoren aus der Gegend, die bis zu sechsstellige Summen einschießen, soll ein Teil der Investitionssumme durch Bürgeranleihen gestemmt werden. Dafür will das Unternehmen die Mittelhessische Energiegenossenschaft (MiEG) mit ins Boot nehmen. „Über die MiEG können sich Bürger auch mit kleinem Geld beteiligen“, sagt Falk. Noch befindet sich das Vorhaben in der ersten Planungsphase. Zwar hat Alphasol sich bereits Gelände auf Münzenberger Gebiet gesichert – das andere Areal ist im Besitz der Gemeinde Rockenberg – doch „belastbare Zahlen können wir noch nicht vorlegen“, räumt Alphasol-Projektleiter Johannes Falk ein.

Es wäre der erste Bürgerwindpark in der Wetterau

Unter anderem steht noch ein Windgutachten aus, mit dem sich Alphasol Erkenntnisse erhofft, ob auf diesem Gelände ein Windpark überhaupt wirtschaftlich betrieben werden kann. Und dann ist da noch die Unsicherheit, wie es mit der Energiewende weitergeht, ob möglicherweise die derzeit hohe Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien drastisch gekürzt oder gar gekippt wird. Falk zeigt sich optimistisch, dass es zumindest für die Windkraft nicht so schlimm kommen wird. „Sie lässt sich besser ins Netz integrieren als Energie aus anderen Quellen“, so Falk. Derzeit geht Falk von einer Rendite „um die vier Prozent“ aus, vorbehaltlich geänderter politischer Vorgaben und der Entwicklung des derzeit niedrigen Zinsniveaus.

Lange galt der Standort im Gemarkungsteil Hammelshausen südöstlich der Burg und unweit des nicht minder markanten Tellerbergs als nicht geeignet für Windkraftanlagen. Doch die technische Entwicklung und die Sorge der Flugsicherung, Windräder im Umkreis von 15 Kilometern um den Frankfurter Airport könnten beim Navigieren stören, haben jetzt bei Investoren auch Standorte interessant gemacht, die seither eigentlich durchs Raster fielen – also auch die Äcker bei Hammelshausen. Andere verloren wegen dieser Sicherheitsbedenken ihre Attraktivität.

Und die technische Weiterentwicklung hat inzwischen Anlagen hervorgebracht, die selbst bei mäßigem Wind noch profitabel zu betreiben sind. Diese so genannten Schwachwindanlagen haben eine sehr hoch sitzende Rotorennabe, das ermöglicht eine bessere Windausbeute. Der Nachteil: Die Windräder sind sehr hoch und deshalb weithin sichtbar. Von der Burg Münzenberg aus wären die Rotoren gut sichtbar.

Protest gegen das Projekt

Deshalb regt sich in der Burgenstadt bereits heftige Kritik. Der Freundeskreis Burg Münzenberg, dem inzwischen rund 700 Mitglieder angehören, läuft Sturm gegen das Vorhaben. Bei der Burg handele es sich um ein nationales Kulturerbe, dass durch „neue Elemente im Landschaftsbild“ nicht tangiert werden dürfe, so Freundeskreis-Vorsitzender Uwe Müller. Der Verein lehne deshalb die aktuellen Planungen ab. Und auch Naturschützer laufen Sturm. „Eine Fledermaus stirbt nicht durch die Rotoren, sondern durch den Druck in Bar – ihr platzen ganz einfach die Lungen“, so das düstere Szenario, das Sabine Tinz, Vorsitzende der Münzenberger Naturschutzgruppe in einer Bürgerversammlung malte.

Anders ist die Lage in der Nachbargemeinde. „Ich sehe quer durch die Fraktionen eine positive Stimmung“, gibt Rockenbergs Bürgermeister Manfred Wetz seine „subjektive Einschätzung“ wieder. Da mag auch die Aussicht auf Gewerbesteuer eine Rolle spielen. Denn nicht Alphasol baut den Windpark, sondern eine noch zu gründende Gesellschaft, die ihren Sitz in einer der beiden Gemeinden haben soll. Und auch Einnahmen aus der Verpachtung der gemeindeeigenen Areale lassen sich erzielen. „Wenn schon Windräder in Rockenberg, dann auf gemeindeeigener Fläche“, so der pragmatische Ansatz des Rathauschefs.

In der plötzlich interessant gewordenen Wetterau tummeln sich derzeit viele potenzielle Bauherren für Windkraftanlagen. Im Wölfersheimer Stadtteil Wohnbach, ebenfalls nicht weit von der Burg Münzenberg entfernt und nahe der A 45, plant eine Bremer Projektgesellschaft einen Windpark. Im Butzbacher Stadtteil Münster sollen Windkraftanlagen Energie liefern, Bürger laufen Sturm dagegen. Der oberhessische Energieversorger Ovag und die Mittelhessische Energiegenossenschaft (MiEG) will ein Projekt am Winterstein vorantreiben, das durch die Anliegerkommunen Ober-Mörlen, Wehrheim und Friedberg auf Eis gelegt wurde.

Und laut MiEG-Vorstandsmitglied Diethardt Stamm gibt es im Ostkreis Interessenten für den Bau von Windrädern in Altenstadt, Büdingen, Nidda und Glauberg. „Manchmal wissen Kommunen überhaupt nicht, dass Flächen gesucht werden“, so Stamm. Investoren akquirierten Flächen, meldeten ihre Projekte auf Landesebene an und könnten bauen. Denn für solche Vorhaben gilt Paragraf 35 des Baugesetzbuches, Stichwort „privilegiertes Bauen im Außenbereich“.

Zurzeit liefern im Wetteraukreis sieben Windparks mit 24 Windrädern in Nidda, Ober-Wöllstadt, Hirzenhain, Kloppenheim, Nieder-Seemen, Stammheim und Wenings Energie.

Frühere Beschäftigte der FR kämpfen um ihr Geld

Prozessauftakt gegen DuMont Schauberg

Frühere Beschäftigte der FR kämpfen um ihr Geld. Vor dem Arbeitsgericht Frankfurt werden am Donnerstag, 7. November 2013, mehrere Klagen von früheren Redakteuren und Angestellten der Frankfurter Rundschau gegen die Kölner Mediengruppe M. DuMont Schauberg (MDS) über die Zahlung von Abfindungen verhandelt, teilt die Gewerkschaft Verdi mit. Die Mediengruppe ist Mehrheitsgesellschafterin des inzwischen insolventen Druck- und Verlagshauses Frankfurt, das bis Februar 2013 die FR herausgeben hat.

Die Klägerinnen und Kläger verlangen laut Verdi die Auszahlung der Abfindungen, die ihnen zum Teil bereits 2011 vom Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main als Gegenleistung für den Verlust ihres Arbeitsplatzes vertraglich zugesichert worden seien. Die Arbeitsplätze waren im Zuge der Bemühungen um eine Sanierung der FR weggefallen. Den Klägern sei zugesichert worden, die Abfindungen seien auch bei einer Insolvenz sicher. Dafür stehe MDS gerade. Als Auszahlungszeitpunkt sei der Januar 2013 vereinbart gewesen.

Seit der im November 2012 beantragten Insolvenz des Druck- und Verlagshauses Frankfurt weigere sich die Mediengruppe M. DuMont Schauberg, das zum Teil nach wie vor auf einem MDS-Konto in Köln liegende Abfindungsgeld auszuzahlen. Verdi erwartet vom Arbeitsgericht die Klarstellung, dass die Mediengruppe die Abfindungszahlungen nicht länger zurückhalten darf. Die meisten der Betroffenen sind laut Verdi arbeitslos. Mit den Abfindungen hätten sie sich eine neue Existenz aufbauen oder die Zeit bis zur Rente überbrücken wollen.

Die Verhandlung vor der 3. Kammer des Arbeitsgerichts Frankfurt beginnt am Donnerstag, 7. November, um 11 Uhr im Raum 302.

Behindertenhilfe Wetterau auf Sparkurs

Hotel schließt und Dorfläden bedroht

Von Bruno Rieb

Die Behindertenhilfe Wetterau ist auf Sparkurs. Sie steckt tief in den roten Zahlen. Rund 1,1 Millionen Euro müssen eingespart werden. Das soll durch die Schließung des integrativen Hotel Haus am Landgrafenteich in Bad Salzhausen und Umwandlung in ein Flüchtlingsheim geschehen und durch die Aufgabe der Dorfläden. Die Arbeitsplätze von 29 Beschäftigten der Behindertenhilfe sind dadurch bedroht.

Die Dorfläden im Limeshainer Ortsteil Himbach und in Wölfersheim sowie der Gutkauf in Büdingen sollen geschlossen werden.  Derzeit laufen Verhandlungen, wie die Läden gerettet werden können, sagt BHW-Geschäftsführer Reinhold Medebach.

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Der Internetauftritt der Behindertenhilfe Wetterau

Betroffen von der Schließung dieser Läden sind laut Medebach 16 Mitarbeiter der Behindertenhilfe sowie zwölf Behinderte, die in den Läden arbeiten. Betroffen wären aber auch die Bewohner der Orte, denn die Läden sind dort oft ihre einzige Einkaufsmöglichkeit. „Das Geschäft ist von zentraler Bedeutung und ein Platz, den alle kennen“, freute sich Büdingens Kernstadt-Ortsvorsteher Dieter Jentzsch, als die Behindertenhilfe im März vergangenen Jahres den Laden übernahm. „Es ist eine Erfolgsgeschichte und das Geld ist gut angelegt“, sagte Limeshains Bürgermeister Adolf Ludwig (SPD) Mitte vergangenen Jahres zum Dorfladen in Himbach. Der Erfolg dieses Ladens ließ die Gemeinde zusammen mit der BHW gleich einen zweiten in Hainchen planen. Das Gebäude ist laut Ludwig fertig. Sein weiteres Schicksal ist ungewiss.

Behindertenhilfe Wetterau auf Sparkurs

Die Läden bescheren der Behindertenhilfe laut Medebach einen jährlichen Verlust von 500000 Euro. Deshalb habe der BHW-Aufsichtsrat beschlossen, die Läden bis Ende des Jahres zu schließen. Medebach ist aber zuversichtlich, in den nächsten Wochen eine Lösung zu finden, die den Weiterbetrieb der Läden ermöglicht. Verhandelt werde mit den Gemeinden, privaten Investoren und auch dem Diakonischen Werk, das bereits einen Dorfladen im Niddaer Ortsteil Wallernhausen betreibt.

Die Behindertenhilfe muss rund 1,1 Millionen Euro einsparen. Rund 400 Mitarbeiter betreuen rund 400 körperlich und geistig Behinderte. Im Sommer war der Versuch gescheitert, die 1,1 Millionen Euro durch  Gehaltsverzicht der Mitarbeiter auszugleichen. Nun habe der Betriebsrat Entlassungen verbunden mit einem Sozialplan zugestimmt, sagt Medebach.

Betroffen von den Stellenstreichungen sind auch die 13 Beschäftigten des Hauses am Landgrafenteich in Bad Salzhausen, ein integratives Hotel, das von der Behindertenhilfe betrieben wird. Das Hotel wird nun zum Flüchtlingswohnheim. 16 Asylsuchende aus dem ehemaligen Jugoslawien wohnen bereits in dem Haus, bis zu 60 können es laut Wetteraukreis werden. Das Wohnheim für Behinderte im Haus am Landgrafenteich bleibt laut Medebach erhalten. 36 Leute wohnen dort.

Der Vertrag mit dem Wetteraukreis über die Unterbringung der Flüchtlinge verringert laut Medebach das Defizit der Behindertenhilfe und könnte dazu führen, dass ein Teil der Arbeitsplätze erhalten werden kann.

Bei der Stadt Nidda stößt die Umwandlung des Hotels in ein Flüchtlingshaim auf Kritik.

Die Stadt sei erst informiert worden, nachdem der Kreis den Vertrag mit der Behindertenhilfe abgeschlossen hatte, beklagt Niddas Pressesprecher Uwe Bonarius. Bürgermeister Hans-Peter Seum (parteilos) fühle sich „vor den Kopf gestoßen“. Diese Nutzung des Hotels sei „nicht die Ideallösung für die Entwicklung Bad Salzhausen“. Dennoch wolle die Stadt ihren Verpflichtungen nachkommen, Asylsuchende zu integrieren, betont der Pressesprecher. Man werde nichts gegen deren Unterbringung dort unternehmen.

Bad Salzhausens Ortsvorsteher Thomas Bienko (parteilos) vermutet aber, es könne sich um eine Nutzungsänderung des Hotels handeln, die genehmigt werden müsse. Bad Salzhausen habe nur 600 Einwohner, da sei die zu erwartende Zahl der Asylsuchenden „ein bisschen heftig“.

Die Schließung der Dorfläden und des Hotelbetriebs in Bad Salzhausen sind laut Medebach die beiden Maßnahmen, durch die das Defizit der Behindertenhilfe ausgeglichen werden soll. Weitere seien nicht geplant.

Busverkehr wird ausgebremst

ÖPNV stagniert – Wetterauer Nahverkehrsplan wird fortgeschrieben

Von Bruno Rieb

Busse und Bahnen in der Wetterau dürfen den Kreis nicht mehr Geld kosten, das ist die politische Vorgabe für den neuen Nahverkerhsplan für den Wetteraukreis. Weil die Kosten steigen, werden weniger Busse fahren. Sie sollen durch Sammeltaxen ersetzt werde3n.

Die Lobbyisten für Bus und Bahn sind verärgert. Der neue Nahverkehrsplan für Vogelsberg und Wetterau wird bestenfalls den Status quo erhalten. Geld für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs wird nicht lockergemacht. Der Busverkehr wird ausgebremst. Stefan Klöppel, Leiter von ZOV Verkehr, spricht vom „Gebot der Wirtschaftlichkeit“. „Zur Rettung des Standortes der kleinen Gemeinden brauchen wir mehr Geld“, fordert dagegen Jürgen Priem, Sprecher des Fahrgastbeirates Wetterau.

Rüdiger Maas, Kreistagsabgeordneter der Grünen aus Nidda, spricht in einer Pressemitteilung von einem „Sparplan auf Kosten des ÖPNV“. Vom ersten Tag der Planung an sei das Motto gewesen „mehr Geld gibt es nicht“, beklagt Christoph Winterberg, Vorsitzender des Kreisverbandes Wetterau/Vogelsberg des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Es sei nicht abzusehen, wann das Finanzierungsproblem für Bus und Bahn gelöst werde. Die Finanzierung sei vom Bund auf die Länder verlagert worden, die würden jedoch nicht mehr Geld für Bus und Bahn zur Verfügung stellen. Der Schwarze Peter liege nun bei den Kreisen und Städten.

Problem Schülerverkehr

Probleme bereitet auch der Schülerverkehr. Seit die Gymnasien zwischen acht- oder neunjähriger Schulzeit wählen können, haben sich die Schülerströme verändert. Zwischen Büdingen und der Gesamtschule Konradsdorf fahren inzwischen Eltern ihre Kinder zur Schule, weil der Busverkehr nicht funktioniert. Winterberg: „So bleibt es den Schülern und Eltern in Büdingen und in vielen anderen Orten nur noch auf den Klimaschutz zu pfeifen und das eigene Auto zum Taxi umzufunktionieren.“

IMG_5174Ein Bus wird kommen, irgenwann – vielleicht. Foto: Rieb

Es werde erwartet, dass die ohnehin hohen Eigenleistungen des Kreises für den ÖPNV nicht noch höher werden, beschreibt Matthias Flor, persönlicher Referent von Landrat Joachim Arnold (SPD) die politischen Vorgaben für die Nahverkehrsplanungen. Bei steigenden Preisen für Busverkehre könne das auch zu Einsparungen führen. Bei der Schülerbeförderung sei das Land in der Pflicht, weil durch die Wahlfreiheit zwischen acht- und neunjähriger Gymnasialzeit für die Schülerbeförderung „riesige Summen auf uns zukommen“.

Bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes für die Landkreise Wetterau, Vogelsberg und Gießen würden keine neuen Akzente gesetzt, sagt ZOV-Verkehrsplaner Klöppel. Das liege zum einen an den großen Finanzierungsschwierigkeiten, zum andern seien die Verträge mit den Busunternehmen für acht bis zehn Jahre abgeschlossen, liefen also noch. Der Verkehrsplan war zuletzt 2009 überarbeitet worden. Neu ist allerdings, dass der Verkehrsplan diesmal mit der Stadt Gießen abgestimmt wird, was zu Verbesserungen führen könnte.

Sorgen bereiten den Planern die sogenannten „Tagesrandlagen“, wenn nur zwei oder drei Fahrgästen in den Bussen sitzen. In solchen Fällen sollen Sammeltaxen oder Anrufsammeltaxen eingesetzt werden. Solche Taxen dürften allenfalls abends oder am Wochenende fahren, sagt Priem. Tagsüber würden Fahrgäste abschreckt, weil der Aufwand zu groß sei. Sie müssen die Anruftaxen erst bestellen. Im Vogelsberg würden die Taxen auch tagsüber fahren, sagt Klöppel. In der dichter besiedelten Wetterau nicht. Die Meinungen über diese Taxen gingen auseinander. Den einen sei der Aufwand zu groß, andere würden sich freuen, weil sie damit oft schneller am Ziel seien.

Alternative: Buszüge

Im Schülerverkehr sind die Busse am stärksten ausgelastet, da sind große Busse nötig. Für die fahrgastschwächeren Zeiten kleinere Busse anzuschaffen ist laut Priem nicht wirtschaftlich, weil die Investitionen dafür zu hoch wären. Interessant seine eventuell sogenannte „Buszüge“, Busse in die bei bedarf Anhänger angekoppelt werden, meint Priem. Das Altenstädter Busunternehmen ist laut Priem an einem Modellversuch im Main-Kinzig-Kreis mit diesen „Buszügen“ beteiligt. Der Sprecher des Fahrgastbeirates empfiehlt, dieses Modell auch für den Wetteraukreis zu überprüfen. Der Versuch im Main-Kinzig-Kreis werde beobachtet, sagt Klöppel. Allerdings seien auch für diese Buszüge die Investitionen hoch, da dafür die Bushaltestellen verlängert werden müssten.

Grünen-Politiker Maas befürchtet längere Fußwege für die Schüler, der im neuen Nahverkehrsplan nur noch von zwei An- und Abfahrten pro Schulstandort die Rede sei und nicht mehr pro Schule. Der Bus werde also irgendwo im Ort halten, statt die Schule anzufahren, befürchtet er. Klöppel beteuert hingegen, dass nach wie vor die Schulen angefahren werden sollen.

Bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplans ist laut Klöppel die zweite Anhörungsrunde abgeschlossen. Nun würden Änderungen eingearbeitet. Danach gehe der Plan in die Beratung in den ZOV-Gremien. Voraussichtlich Mitte Dezember soll der fortgeschriebene Nahverkehrsplan von der ZOV-Verbandsversammlung beschlossen werden.

Platteninsel ist online

Gute Musik hat ein neues Zuhause

Die Musikabteilung des Wetterauer Landboten hat ein neues Zuhause, die Platteninsel. Hier wird zeitlos schöne Musik aus Rock, Blues, Folk und Pop jenseits der Hitparaden  gewürdigt. Es gibt eine Liste der Inselplatten, der Platten, die man mit auf die einsame Insel nehmen sollte, und Fundstücke werden ausgegraben: herausragende Songs. Es gibt Tipps, wo gerade klasse Musik günstig zu haben ist.

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Im aktuellen Beitrag wird das Live Music Archive gewürdigt, eine Internetplattform, von der man kostenlos Konzerte herunterladen kann, von der zur Zeit so angesagten Tedeschi Trucks Band genauso wie von Celexico oder den Cowboy Junkies. Die Platteninsel ist online.

Wetterauer Pflegeeltern sind verunsichert

Fachdienst in neuer Hand

Von Bruno Rieb

Zwölf Jahre lang haben sich  Arbeiterwohlfahrt und Evangelischer Familien-Bildungsstätte  um die Pflegefamilien im Wetteraukreis gekümmert. Ende des Jahres ist damit Schluss.  Der Wetteraukreis hatte die Aufgabe neu vergeben. Awo und Familienbildungsstätte hatten das Nachsehen. Zehn Mitarbeiter der beiden Einrichtungen bangen nun um ihre Jobs und die Wetterauer Pflegeeltern sind verunsichert.

Es geht um Kinder, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen können, weil die mit ihrer Erziehung überfordert sind. Der Fachservice von Awo und Familien-Bildungsstätte sucht für diese Kinder passende Pflegefamilien aus und begleitete sie bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe mit Einzelgesprächen, Erfahrungsaustausch, Fortbildungen und Hausbesuchen. Dafür unterhalten die beiden Organisationen vier Beratungsstellen, die Awo in Nidda und Butzbach, die Familien-Bildungsstätte in Büdingen und Bad Nauheim. Je fünf Mitarbeiter kümmern sich bei Awo und Bildungsstätte um die insgesamt rund 130 Pflegefamilien.

 

Ende des Jahres endet diese Arbeit. Der Kreisausschuss des Wetteraukreises hat diese Aufgabe an einen privaten Träger übergeben. Ab 1. Januar 2014 übernimmt das Projekt Petra aus Schlüchtern die Betreuung der Pflegefamilien. Das Konzept von Petra habe überzeugt, sagt Petra Schnelzer, Sprecherin des Wetteraukreises. Es sei auch ein Vorteil, dass die Betreuung der Familien nun in einer Hand liege. Synergieeffekte seien zu erwarten. Petra sei keineswegs der billigste Anbieter gewesen, beteuert die Kreis-Sprecherin. „Es sind die langjährigen Erfahrungen im Pflegekinderwesen, die uns überzeugt haben und der qualitativ hochwertige konzeptionelle Ansatz“, erklärt Erster Kreisbeigeordneter Helmut Betschel-Pflügel (Grüne).

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Awo-Werbung im Internet

 

Petra ist die Abkürzung von „Partner für Erziehung, Therapie, Research und Analyse“. Die GmbH aus Schlüchtern betreibt für den Wetteraukreis bereits zwei Einrichtungen der Jugendhilfe in Altenstadt und Büdingen. „Stärken verbinden, Erfahrungen nutzen“ ist das Petra-Motto. Das Unternehmen wirbt damit, die Stärken und Schutzfaktoren der Kinder und Familien „angemessen zu fördern und zu fordern“. Beziehung gehe vor Erziehung und Therapie.

Bei Awo und Evangelischer Familienbildungsstätte ist die Enttäuschung groß, dass der Wetteraukreis einen anderen Anbieter ausgewählt hat. „Ich bedauere das sehr“, sagt die Leiterin des Fachservice Pflegefamilie der Awo Sonja Schulz. Das sei erschütternd, sagte die Leiterin der Familien-Bildungsstätte Kerstin Remane. Stellen müssten gestrichen werden.

Man werde einen Teil der bisher bei Awo und Familien-Bildungsstätte beschäftigten Betreuer übernehmen, verspricht Sarah Goldbach von der Petra-Geschäftsführung. Dadurch solle gewährleistete werden, dass die Pflegeeltern es mit vertrauten Personen zu tun haben. Es lägen schon einige Bewerbungen vor. Seit 1976 bestehe ihr Unternehmen. In Darmstadt betreue es bereits die Pflegefamilien.

Die Petra-Geschäftsführerin kann verstehen, dass ein bevorstehender Betreiberwechsel für einige Aufregung sorgt. Im November wird Petra in einer Veranstaltung des Wetteraukreises den Pflegefamilien vorgestellt. Goldbach hofft, die Eltern dort mit ihrem Betreuungskonzept überzeugen zu können.

Für die Evangelische Kirche ist der Verlust des Fachservice Pflegefamilie der zweite herbe Rückschlag. Nach 26 Jahren hat das Diakonische Werk Wetterau den Betrieb der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen im Kreis verloren. Die betreut seit Anfang des Jahres der Internationale Bund für Sozialarbeit. Der hatte vom Kreis den Zuschlag erhalten, weil er ein günstigeres Angebot vorgelegt hatte als das Diakonische Werk.